Das Gemälde der Alexanderschlacht.
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thessalische Reiterei hielt, gewann sie doch gegen den an Zahl vielfach
überlegenen und mutig sümpfenden Feind fürs erste durchaus keinen Vor¬
teil. Indessen stürmte Alexander selbst mit unwiderstehlicher Gewalt auf
das Mitteltreffen der Feinde und Darius selbst ein, und die Deinigen,
jedem Heerhaufen die Anführer voran, wetteiferten mit ihrem Könige in
Tapferkeit, um durch die dichtgedrängten Scharen der Perser eine Bahn
zu brechen: aber auch diese leisteten mannhaften Widerstand. Vor allen
that sich unter ihnen Oxathres, ein Brnder des Perserkönigs, hervor, ein
Mann von großer Leibesstärke und unvergleichlichem Mute: mit seinen
Reitern stellte er sich vor den auf einem vierspännigen Wagen sitzenden
Darius und streckte viele der andringenden Feinde nieder. Alexander selbst
kämpfte mitten unter den Feinden im dichtesten Gedränge und wurde an
der Hüfte verwundet. Dennoch siegte am Ende das ungestüme Feuer der
Macedonier: vor dem Wagen des Perserkönigs lagen ganze Hügel von
Leichen der ©einigen, die sich für ihn geopfert hatten, unter ihnen die
vornehmsten Führer des Heeres; die Pferde an seinem Wagen waren schon
verwundet, bäumten sich und drohten mit demselben unter die Feinde
hineinzurennen, so daß Darius in der Not und im Schrecken die Sitte
des Landes vergaß, die dem Könige als etwas seiner Unwürdiges verbot
den Wagen selbst zu lenken, und nach den Zügeln des Viergespannes
griff; endlich brachten seine Diener eilends einen andern Wagen, setzten
den König darauf und entführten ihn aus dem Schlachtgewühl. Diesen
entscheidenden Augenblick des Kampfes verewigte das Gemälde der
Alexanderschlacht, wahrscheinlich das Werk der Malerin Helena, der Tochter
des Ägyptiers Timon, von welchem die Ausgrabungen in Pompeji eine
große farbenprächtige Mosaiknachbildung zu Tage gefordert haben. Auf
der linken Seite — etwa ein Drittel des Gesamtbildes umfassend —
gi'UKthren wir die unwiderstehlich heranbrausende nmcedonische Reiterei, an
ihrer Spitze König Alexander: der Helm ist ihm vom Haupte gefallen,
so daß das löwenhafte Antlitz des Gewaltigen zur vollen Darstellung ge¬
langt; mit seiner Lanze durchbohrt er einen edeln Perser, der sich vor den
Wagen des Darius zu dessen Schutz gestellt hat, mit solcher Wucht des
Stoßes, daß der Brave mit seinem Pferde zu Boden sinkt. Sich selbst
über dem Tode des Getreuen vergessend hat der selbst von der höchsten
Gefahr bedrohte König auf seinem Wagen sich nach diesem umgewandt
— sein königliches Antlitz verrät mehr Schmerz als Furcht: der erhobene
rechte Arm ist mitten in dem Getümmel der Schlacht ein beredtes Zeug¬
nis seines Jammers nicht um sein eigenes Leben, sondern um den Ver-