Full text: Verschüttete Römerstädte, die Römer in den Provinzen, Lager und Soldatenleben, Religion und Philosophie, der Ausgang des römischen Weltreichs (Abt. 2)

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unsittlichen Lebenswandels schließlich durch Reue und Buße ihren 
Weg zum Himmel; wobei die Art und Weise ihrer Bekehrung 
sensationell zugespitzt ist. Nicht selten tritt eine in ein Manns¬ 
kloster ein, hat dabei unerkannt mancherlei Verdrießlichkeiten zu 
bestehen, bis nach dem Tode der erkannte Sachverhalt der Ver¬ 
leumdung ein für allemal den Mund stopft. Selbst die zu 
Amathus auf Kypros verehrte bärtige Venus fand an bärtigen 
weiblichen Heiligen eine Nachfolge: wie denn die hl. Kümmernuß 
bis auf unsere Zeit in Tirol so verehrt ward. 
Dieser hundertjährige Assimilationsprozeß, der Christentum 
und Heidentum zu einer höheren Einheit verschmolz, ließ auch 
sonst in der Litteratur, wie aus den Denkmälern, tiefgehende 
Spuren zurück, und kann überhaupt bis iu das Zeitalter der 
Antonine zurückverfolgt werden. 
Damals schrieb Clemens von Alexandria, der berühmte 
Kirchenvater, seine Werke, mit der offen ausgesprochenen Ten¬ 
denz, die platonische Philosophie und das Christentum mit ein¬ 
ander zu versöhnen und zu verbinden; denn Christus sei der 
„Logos", der Quell der Wahrheit, die Weltvernunft. Es ist 
dies das kühnste litterarische Unternehmen, das aus dem Schoße 
der alten Kirche hervorging und das hundert Jahre später dem 
Verfasser den Vorwurf der Häresie kaum erspart hätte. 
Ebensowenig nahm man in der Zeit des Überganges daran 
Anstoß, wenn Christen die altheidnische Formel ,,D(is) m(anibns) 
s(acriim)d. V den Geistern des Verstorbenen geweiht, sich auf 
den Grabstein setzen ließen; daneben erscheint ohne weiteres 
das Zeichen des Kreuzes, womit die Christen sich zu segnen 
pflegten. 
Ebenso bezeichnend ist ein anderer Fall. Wenn jemand in 
blühender Jugend plötzlich durch den Tod dahingerafft wurde, 
so herrschte der Glaube, daß es dabei nicht mit rechten Dingen 
zugegangen sein möchte, daß vielmehr heimliche Gewalt oder 
irgend ein verborgener Zauber mit im Spiel sei. Man er¬ 
mangelte nicht, diesem Glauben auf deu Grabdenkmälern durch
	        
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