Full text: Die außereuropäischen Erdteile und die deutschen Schutzgebiete (Teil 4)

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Geschmack und ein widerliches Aussehen hatten, Kochsisch, Klößchen aus Fischfleisch, ein 
gemeinsamer Napf mit einer durch Seetang oder Gallerttiere verdickten Suppe, Quallen, 
Fischgekröse, Taubeneier mit geschmorten Pilzen, Bambussprossen, Seeschnecken in Hühner- 
brühe mit Schinken, geschmorte Lilienwurzeln, wilde Enten mit Schantungkohl, fettes, 
knusperig gebratenes Ferkelfleifch und Entenbraten. Und dazu keine Kartoffel, kein Brot!" 
(Exner). — Geistige Getränke spielen beim chinesischen Volke keine Rolle, dagegen sind Tabak- 
rauchen und Schnupfen weit verbreitet. Ein schlimmes Laster ist das Körper und Geist 
zerrüttende Opiumrauchen, auf dessen Ausrottung aber die Regierung jetzt eifrig bedacht ist. 
Der Chinese ist außerordentlich höflich und zuvorkommend. Die Begrüßungen und 
Verbeugungen, womit er seinen Gast empfängt, nehmen gar kein Ende. Rühmenswert ist 
die Ehrfurcht und Achtung der Kinder vor den Eltern, überhaupt vor Erwachsenen. Un- 
gehorsam gegen die Eltern ist nach chinesischer Anschauung eine Sünde, für die es keine 
Vergebung gibt. Die überaus starke Betonung der Pflichten der Kinder den Eltern, aller den 
Vorgesetzten gegenüber ist für China von großem Segen gewesen und eine der Hauptursachen 
für das Jahrtausende lange Bestehen des Chinesischen Reiches. Die Verehrung erstreckt sich auch 
auf die Vorfahren, denen man Ahnenhallen errichtet und Opfer darbringt wie den Göttern. 
Den Lichtseiten entsprechen dunkle Schattenseiten. Der Chinese ist ein geborner Ge- 
schästsmann, gewandt und geschickt im Handel, aber auch im höchsten Grade gerieben, voller 
Lug und Trug, so daß im geschäftlichen Verkehr mit ihm die höchste Vorsicht am Platze ist. 
Dazu kommt Lieblosigkeit und Hartherzigkeit gegen die Mitmenschen. Ein Reisender beobachtete 
auf einem Schiffe eine Schar chinesischer Arbeiter, die in ihre Heimat zurückkehrten, rauchten, 
spielten und lärmten. Einer lag schwer krank zwischen ihnen. „Aber niemand kümmerte 
sich um ihn, seine Kameraden umlagerten gefühllos sein Sterbelager, spielten weiter, ohne 
sich um sein Todesröcheln zu kümmern, und rückten höchstens ein wenig beiseite, wenn sie 
der Sterbende im Zusammenzucken mit den Gliedern stieß." In der Familie nimmt die 
Frau eine durchaus untergeordnete Stellung ein, und vom öffentlichen Leben ist sie ganz 
ausgeschlossen. Neugeborene Mädchen werden häufig ausgesetzt, ins Wasser oder auf die 
Straße geworfen, wo sie den herrenlos umherschweifenden Hunden zur Beute werden. Die 
christlichen Missionare suchen, so weit möglich, solche Kinder zu retten, kaufen sie auch 
wohl zu diesem Zwecke den Eltern ab und bringen sie in den von ihnen errichteten Findel- 
Häusern unter, wo sie zu Christen erzogen werden. Arme Leute werfen auch Kinder, die 
ihnen sterben, auf die Straße, um die Beerdigungskosten zu sparen. „In Peking", berichtet 
Ehlers, „fahren täglich in der Frühe Karren durch die Stadt, um die aus den Häusern 
geworfenen Leichen der über Nacht verstorbenen Kinder armer Leute aufzusammeln und in 
eine gemeinsame Grube abzuliefern." Eine sehr unangenehme Eigenschaft der Chinesen ist 
.ihre Unsauberkeit. Sie betrifft nicht nur den Körper, sondern zeigt sich auch in den 
Wohnungen und Straßen, die von Schmutz starren und voll widriger Gerüche sind. 
Geistig ist der Chinese gut beanlagt, aber er ist vorwiegend Verstandesmensch, nüchtern 
und phantasielos, ohne Gemüt. Die Gelehrsamkeit steht in hohem Ansehen, aber nur, 
soweit sie praktischen Nutzen gewährt und zu Amt und Würden berechtigt. Dazu fehlt 
dem Chinesen die Beweglichkeit. Er hängt am Alten, Überkommenen und ist jedem Fort- 
schritt, jeder Neuerung abgeneigt. Die Volksbildung steht ziemlich hoch. Überall gibt es 
Schulen, die Lesen und Schreiben lehren und in die „klassischen Schriften" einführen. Die 
Beamten müssen sich schweren und langwierigen Prüfungen unterziehen. Das chinesische Schrift- 
tum ist sehr umfangreich und erstreckt sich auf alle Zweige des Wissens und der Dichtkunst. 
Höchst eigentümlich ist die chinesische Sprache. Sie besteht aus 450 einsilbigen 
Wörtern, die aber vermöge verschiedenartiger Aussprache und Betonung 1200 Lautgebilde 
darstellen. Jedes dieser Wörter hat wieder mehrere, manche sogar 30—40 verschiedene 
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