Full text: Vom Zeitalter der Reformation bis zum Tode Friedrichs des Großen (Bd. 5)

98 Kapitel XV. Das Zeitalter Friedrichs des Großen. 
Einfluß^auf ^ugland hatte sich eine gestmbe, bürgerliche Moral entwickelt. Der Philosoph 
die Moral. Locke hatte hier eine moralische Lebensführung als vernünftig nachgewiesen. 
Es kamen moralische Wochenschriften ans, bie zur Hebung ber öffentlichen 
Zeitungen. Moral viel beitrugen. In Englanb „Der Speetator", in Hamburg „ber 
Patriot" unb bie „Diskurse ber Malerei" in Zürich, „bie vernünftigen 
Tablerinnen" in Leipzig unb anbere mehr. 
Namentlich würbe auf bie Erhaltung bes bentschen Franenibeals hin¬ 
gewiesen. Das „galante Treiben" würbe bekämpft. Besonbers ber Patriot 
bekriegte bas französische Weseu. Auch Gottscheb irt Leipzig focht für beutsche 
Art, für Reinheit ber Muttersprache. Leipzig erhob sich bamals zum geistigen 
unb geschäftlichen Hauptort Deutschlaubs. Neben bieser verstanbesmäßigen, 
anfklärenben unb befreienben Richtung ging eine anbere einher, bie bas 
Der Pietis- Gefühlsleben zu vertiefen unb zu verebeln suchte, ber Pietismus. Die 
erwacheube Lebenslust ließ frohe unb heitere Empfinbnngen aufleben, wie sie 
ber Hamburger Hageboru in seinen Liebern ansklingen läßt. Nach beut 
Vorbilb bes griechischen Sängers Anakreon, bein Säuger vou Wein, Lieb 
Anakreon- unj) Liebe, nannte sich Hageborn Anakreontiker, ein Name, ber auf alle 
übertragen würbe, bie in feiner Weise saugen. 
Ernster aber witrbe bie Gefühlsrichtung, bie von ber Erweckung tieferen 
religiösen Empfinbeus ausging. Im Volk selbst hatte bie Not bes 30jährigen 
Krieges ein tieferes Gottsuchen zur Folge gehabt. Die Kirchenlehre beachtete solche 
Spcncr. Regungen nicht. Aber enblich sanben sich protestantische Theologen, Spener 
unb Franke, bie bas religiöse Bebürfnis öffentlich ausfprachen. Man kam 
zusammen (Kouventikel) unb erbaute sich an religiösen Anbachten unb an 
Bibellektüre. Besonbers bie Frauen beteiligten sich an solcher Gemeinschafts- 
unb Gefühlspflege. Auch ber Briefverkehr würbe eifrig geförbert, so baß 
ber Briefstil an Innerlichkeit unb Wärme gewann. Man bekämpfte bas 
oberflächlich galante Wesen. Bielfach jeboch gefiel man sich in Übertreibungen, 
inbent alle „weltlichen" Vergnügen wie Musik, Theater, Tanz usw. verbammt 
Hermhuier. würben. Ans beut Pietismus ging bie Herrnhuter Sekte Zinzenborss 
hervor. * 
Eine segensreiche Frucht bes Pietismus war ber erwacheube Wohl- 
tätigk eitsfinn. Franke stiftete in Halle feine großartigen Anlagen einer 
Waisenanstalt. Die gemütvolle Vertiefung kam am reinsten in ber Mufik 
zum Ausbruck. In ber Person bes Leipziger Organisten an ber Thomas- 
_23a<i). firche Johann Sebastian Bach sanb bie religiöse Musik ihren größten 
168 i75( . 0^enjjQrer Bach knüpfte an bie katholische Musik bes Mittelalters an unb 
verinnerlichte sie. Orgel unb Klavier waren seine Instrumente. Die Passions¬ 
zeit besonbers burchlebte er in ber Musik. Unsterbliche Werke sinb besonbers 
bie Matthäus- unb Johannespassion, bas wohltemperierte Klavier, zahllose 
Kantaten unb Kirchenlieber. 
Händel. Sein Altersgenosse Georg Friebrich Hänbel (1685—1751) aus 
Halle war neben bern lyrisch veranlagten Bach ein musikalischer Dramatiker.
	        
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