Rudolf Kjellön: Auswärtige Probleme des Deutschen Reiches. 31
Beispiel Englands nnd Frankreichs folgt. Das Karten¬
bild der Beute von 1911 mit seinen beiden Fangarmen
nach dem Kongobassin hin, weist selbst auf eine Fort¬
setzung, eine vereinigte Riesenkolonie in Zentralafrika
hin, sei es als großer äquatorialer Gürtel (durch Erwerb
von Belgisch-Kongo vermittels Handelsvereinigung und
vom portugiesischen Angola durch Ankauf, 6V2 Millionen
qkm) oder als meridionales Reich nur an der atlan¬
tischen Seite entlang (durch Austausch von Deutsch-Ost-
afrika gegen Englands westafrikanische Besitzungen, zu
sammen mit den oben erwähnten Erwerbungen 8 Millio¬
nen qkm).
Das Interesse für dieses Programm ist in demselben
Maße gestiegen, als die Hoffnungen auf eine große Inter¬
essensphäre in China nach den Ereignissen der neuesten
Zeit herabgeschraubt werden mußten. Reben dem zentral¬
afrikanischen eröffnet die jetzige Situation nur noch Aussicht
auf ein imperialistisches Programm, nämlich auf das
levantinische um das Rückgrat der Bagdadbahn. Hier
steigt das territoriale Zukunftsbild Berlin-Bagdad oder
Llbe-Euphrat am Horizont auf, eine breite Zone schräg
durch die alte Welt, als Puffer zwischen Westeuropa und
dem russischen Reich, eine politische Brücke zwischen der
Nordsee und dem Persischen Meerbusen, von 2^ Millionen
qkm und vielleicht 150 Millionen Einwohnern. Es wurde
zum ersten Male 1903 vom Engländer Harry Föhn¬
st on vorgelegt und im selben Jahre von Rohrbach zur
Beleuchtung von deutschem Gesichtspunkt aus aufgenom¬
men. Jener denkt sich eine staatsrechtliche Bereinigung der
betreffenden Länder, dieser nur einen ökonomischen (wohl
auch militärischen) Zusammenschluß, ein „nahezu auto¬
nomes und geschloffenes Produktions- und Konsumtions¬
gebiet", also ein Gebiet mit Autarkie, das Deutschlands
Lebensbedürfnis eines gesicherten Marktes ohne hoch¬
politischen Charakter gerecht wird.
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