Full text: Deutsche Geschichte bis zum Ausgang des Mittelalters (Bd. 2)

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fand der Kaiser ctn Papst Johann XXII. Dieser hatte sich für Friedrich 
und gegen Ludwig erklärt und bei der Doppelwahl in Deutschland für 
sich das Recht in Anspruch genommen, vorläufig die Reichsverwaltung 
in Italien zu führen und in dem Thronftreit die Entscheidung zu 
treffen; zudem begünstigte er die Erhebung des französischen Königs 
aus den deutschen Thron. Ludwig legte hiergegen Verwahrung ein und 
schickte auch den Feinden des Papstes in Italien Hilfe. Der Papst belegte 
1324 den Kaiser mit dem Bann und ganz Deutschland mit 
dem Interdikt. 
Im Jahre 1327 zog Ludwig mit dem Heere nach Italien, ließ sich 
zu Mailand zum lombardischen König krönen, empfing aus der Hand 
des römischen Volkes die Kaiserkrone und betrieb die Wahl des Gegen¬ 
papstes. Der Kamps zwischen Papst und Kaiser entbrannte von neuem, 
und waren einmal Friedensverhandlungen eingeleitet, dann wurden sie 
durch den Einfluß, den der französische König auf den Papst ausübte, 
wieder zerschlagen; denn zum Unglück für unser Vaterland weilten ge¬ 
rade zu jener Zeit die Päpste zu Avignon in Frankreich in der voll¬ 
ständigsten Abhängigkeit von den französischen Königen, so daß man 
jene Zeit die Zeit der babylonischen Gefangenschaft der 
Päpste genannt hat. 
Kurverein zu Rense. Die Kurfürsten waren zu der Über¬ 
zeugung gekommen, daß der unheilvolle Streit zwischen Kaiser und Papst 
von Seiten Frankreichs geschürt würde, um Deutschland zu schwächen. 
Im Jahre 1338 kamen sie deshalb auf dem sogenannten Königs st uhl 
zu Rense bei Koblenz zusammen und erklärten, daß bei der 
Wahl des deutschen Königs die Zustimmung des Pap¬ 
stes nicht erforderlich fei. Auf einem späteren Reichs¬ 
tag zu Frankfurt a. M. wurde dem Gewählten auch 
das Recht zugesprochen, den Kaisertitel zu führen, 
ohne vom Papste gekrönt zu sein. 
Ludwigs spätere Regierung. Auch Ludwig mußte dar¬ 
aus bedacht sein, die Macht seines Hauses zu mehren. Nach dem Aus¬ 
sterben der As k ani er verlieh er die Markgraffchaft Bran¬ 
denburg seinem Sohne Ludwig (1324). Auch Tirol, Hol¬ 
land, Friesland und Hennegau brachte er an sich. Unzufrieden 
über diesen Machtzuwachs, erklärten ihn die Kurfürsten des Thrones für 
verlustig und wählten den Markgrafen Karl von Mähren, den 
Enkel Heinrich VII. unb Sohn Johannes von Böhmen, zum Kaiser.
	        
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