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sondere. Neben den Rechtsständen bildeten sich in den einzelnen Terri¬
torien Landstände.
Manche F ü r st e n erlangten im 15. Jahrhundert ihre landes¬
herrliche Macht, so die Habsburger in Österreich, die Hohen-
zollern in Brandenurg, die Wittelsbacher in Bayern,
die W e t t i n er in Sachsen.
Wie die Kaiser von den Reichsfürsten, so waren die Fürsten wieder
von ihren Land ständen abhängig, den Prälaten, dem Adel und
den Landstädten, denen jeder neue Fürst ihre „verbrieften" Rechte be¬
stätigen mußte. Der Adel bildete die militärische Macht, die Prälaten
und Städte besaßen das Geld. Um ihre Einnahmen zu erhöhen und
besonders die Söldnerheere, die ihnen eine zuverlässige Stütze waren,
unterhalten zu können, erhoben die Fürsten Steuern; den Adel und
die Städte suchten sie ihrer Hoheit zu unterwerfen. Inmitten ihres
Hofstaates wohnten die Fürsten auf ihren stattlich eingerichteten
Schlossern in einer größeren Stadt, die zur Landeshauptstadt
wurde. Diese Residenzen wurden die Mittelpunkte des staatlichen Le¬
bens, z. B. Prag, München, Berlin, Wien.
Auch bei der Ritterschaft begann mit dem Sinken der Kaiser-
macht der Verfall. Durch den zunehmenden Gebrauch des Geldes und
durch die erhöhte Getreidezufuhr sanken die Preise der landwirtschaft¬
lichen Erzeugnisse. Statt den veränderten Zeitverhältnissen sich anzu¬
passen und bei eigener Arbeit von den Erträgnissen ihrer Güter zu
leben, gingen sie als Hofbeamte an die Höfe der Fürsten oder widmeten
sich dem geistlichen Stande, der ihnen oft gute Pfründe eintrug.
Nicht die Ritterschaft, sondern das deutsche Bürgertum
wurde der Träger des wirtschaftlichen Aufschwunges
und des Aufblühens von Wiffenfchaft und Kunst.
Die Städte gelangten durch die Gewerbetätigkeit und den Handel zu
immer größerer Blüte. Das Handwerk entwickelte sich zum Kunsthand¬
werk und zur Kunst, das Zunftwesen erreichte seine größte Ausgestal¬
tung; die Zünfte beeinflußten das wirtschaftliche Leben und bean¬
spruchten Anteil an der Verwaltung der Stadt, was im 14. Jahrhundert
zu blutigen Zunftkämpfen führte, so in Straßburg, Augsburg, Nürn¬
berg und Cöln.
Der Binnen- und Außenhandel Deutschlands hat im
14. und zu Anfang des 15. Jahrhunderts feine größte Ausdehnung und
Bedeutung erreicht. Die größten Flüsse Deutschlands, besonders der
Rhein, waren belebt von zahlreichen Handelsschiffen; Nürnberg und
Frankfurt a. M. zählten zu den bedeutendsten Handelsplätzen Europas;