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und Veränderungslust, um mit eigenen Augen zu schauen, was ihnen
Pilger von dem Zauber des märchenhaften Morgenlandes erzählt hatten.
Auch die Hoffnung auf reiche Beute hat
manchen nach dem Morgenlande gezogen.
Der Kreuzzug. Schon im Frühjahr 1096
brach eine kampfbegierige, buntgemischte
Menge unter der Führung Peters von
Amiens und des Ritters Walther
von Habenichts nach dem gelobten
Lande auf; ein großer Teil kam auf dem
Wege durch Ungarn und Bulgarien um,
andere gelangten bis Kleinasien, wo das
Schwert der Türken sie dahinraffte. Im
Sommer 1096 setzte sich das Hauptheer in
Bewegung; ein Oberanführer fehlte, jedes
Volk hatte seinen eigenen Führer. Einer
der hervorragendsten war unter anderen
Gottfried von Bouillon, der Herzog
von Niederlothringen. Von den Deutschen
hatten sich nur die Lothringer angeschlossen;
der noch nicht beendigte Jnvestiturstreit zwi¬
schen Kaiser und Papst verhinderte eine
stärkere Beteiligung Deutschlands.
Auf getrennten Wegen zog das gewal¬
tige Heer der Kreuzfahrer, das mit den
Weibern und Kindern 300 000 Personen
gezählt haben soll, durch Ungarn, Italien
und Dalmatien nach Konstantinopel. Von
hier setzte es über den Hellespont unb er¬
oberte die Stadt N i c ä a. Das Hauptheer
nahm dann unter Mühseligkeiten aller Art
seinen Weg durch die wasserarme Hochebene
von Kleinasien, eroberte das feste An¬
ti o ch i a und schlug, nachdem man die heilige Lanze gefunden zu haben
glaubte, ein türkisches Heer, das zum Entsätze der Stadt heranrückte,
in die Flucht. Nach fast drei Jahren gelangte das Heer der Kreuzfahrer,
nur noch 20 000 Mann stark, vor Jerusalem an. Nachdem die
Sturmgeräte herbeigeschafft, die notwendigen Vorbereitungen getroffen
und der Beistand des Himmels angerufen war, wurde die Erstürmung
Weibliche Figur an der
goldenen Pforte zu Freiberg.