14 4. Friedrich Wilhelm I.
Einst kam er in bie Grafschaft Hohenstein am Harz. Er war
über bas Gebirge burch bas Stäbtchen Benneckenstein nach ber Domäne
Woffleben gefahren. Von bem bortigen Amtmann Fahrenholz war all¬
gemein bekannt, baß er bie Bauern seines Bezirkes burch Hanb- unb
topannbienste so schwer brücke, baß sie ihren eigenen Ackerbau ver¬
säumen mußten unb babei ganz verarmten. Als nun ber König in
ben Amtshof einfuhr, rief er mit lauter Stimme: „Wo ist ber Banern-
schinber, ber Amtmann Fahrenholz?" Dieser war aber aus Angst vor
bem König schon geflohen. _ Aus Unwillen barüber betrat ber König bas
Gutshaus nicht, sonbern speiste in einer Scheune zu Mittag. — Von
ba begab sich ber König nach Bleicherobe, ber Hauptstabt ber Graf¬
schaft Hohenstein. Als er bas Stäbtchen wieber verließ unb nach ber
Domäne Lohra fahren wollte, lief eine Achse feines Wagens in Branb.
Währenb ber Schaben ausgebessert würbe, erschien bie Frau bes Amt¬
manns Hofmann von Lohra, um ben König um eine Ermäßigung ber
Pachtsumme zu bitten. Unglücklicherweise trug bie Frau nun ein Kleib
von französischem Kattun. Bei ber Abneigung bes Königs gegen alle
ausläubischen, besoubers aber gegen französische Stosse, ist es begreif¬
lich, baß bie Frau einen Erfolg ihres Gesuches von vornherein ver¬
eitelte. Kaum hatte sie sich unter vielen Knixen bem Könige genähert
unb ihre Bitte vorgebracht, als er unwillig ertüiberte, baß er keinen
Pfifferling von ber Pachtsumme ablassen werbe; benn wenn sie noch
Gelb für französische Kleiber übrig habe, bürste auch bie Domänen¬
kammer in Halberstabt (wozu bie Grafschaft Hohenstein gehörte) ihr
Gelb erhalten können. Durch bie Bitte ber Frau auf bie Wirtschaft
ihres Mannes aufmerksam gemacht, beschloß ber König, sich in Lohra
genau von bem Staube ber Dinge zu überzeugen. Auch über ben
Amtmann Hofmann würben von ben Untertanen zahlreiche Be¬
schwerben erhoben; ber König fanb sie gerechtfertigt, er ließ ben Amt¬
mann festnehmen unb nach ber Festung Magbeburg abführen.
6. Das Taüakskollegium. Wenn ber König in Berlin war, ging
er zu feiner Erholung gern auf bie Jagb. Abenbs versammelte er seine
liebsten Generale unb Minister um sich unb unterhielt sich zwanglos
unb heiter mit ihnen. Es waren gewöhnlich sechs bis acht Herren bei
ihm; man saß in einem einfachen Zimmer auf hölzernen Stühlen.
Jeber bürste hier feine Meinung frei heraus sagen, auch einen berben
Spaß ließ sich ber König gefallen. Die Hofsitte galt hier nicht; keiner
bürste sich erheben, wenn ber König kam ober ging. Jeber erhielt eine
kurze Tonpfeife zum Rauchen; ein Körbchen mit Tabak staub auf bem
Tische; zum Anzüubeu bienten glühenbe Kohlen, bie immer bereit
waren, ober man zünbete sie an ben Wachskerzen an, bie aus bem
Tische brannten. Der König selber rauchte gern; wer von ben Gästen
nicht rauchte, mußte wenigstens bie Pfeife kalt in ben Munb nehmen.
Vor jebem Gast staub ein weißer Deckelkrug mit Bier; auf einem
Nebentische waren kalte Braten, Schinken, Brot, Butter unb Käse,
wovon jeber nach Belieben nehmen konnte. Bebiente waren nicht ba,
sie kamen nur, um frisches Bier zu bringen. Diese Abendgesellschaft
nannte man bas Tabakskollegium.