Full text: Bilder aus der vaterländischen Geschichte der Neuzeit (Teil 1 = Klasse 5)

14. Kaiser Friedrich III. 55 
großer Kinderfreund. Auf feinem Gute in Bornftedt bei Potsdam 
veranstaltete er jeden Sommer ein Fest für die Kinder des Dorfes. 
Dann bewegte sich der Kronprinz fröhlich unter der munteren Schar, 
und die Kronprinzessin war wie eine Hausmutter unter ihnen. 
Als der Kronprinz einst auf einem Schlöffe im Taunus wohnte, 
ging er gern im Tannenwalde spazieren. Die Kinder freuten sich 
immer, wenn sie ihn sahen, und riefen ihm so manches Hurra zu. 
Eines Tages war er auch im Walde und lag im weichen Moose; da 
kam die ganze Jugend des nahen Dorfes heran. Rasch machten sie 
einen Kreis und riefen dem Kronprinzen zu: „Gefangen, gefangen!" 
Da lachte der Kronprinz und sagte: „Ihr habt mich gefangen. Nun 
laßt mich aber los, ich schicke euch auch etwas Schönes." Und so 
geschah es. Zn Weihnachten kam eine Kiste vom Kronprinzen, darin 
lagen für jedes Schulkind Bücher, Schreibhefte und Kleidungsstücke. 
Auch Schule hat der Kronprinz einmal gehalten. Er kam öfter 
in die Schule zu Bornftedt. Einst war er auch da, da bekam der Lehrer 
eine Depesche, daß seine todkranke Mutter ihu noch einmal sehen 
möchte. Als der Kronprinz hörte, um was es sich handelt, ersuchte er 
den Lehrer, unverzüglich abzureisen und sagte: „Haben Sie keine Sorge 
wegen Ihrer Klaffe, ich werde sie übernehmen. Eilen Sie nur, damit 
Sie Ihre gute Mutter noch lebend antreffen." Und fo setzte der 
Kronprinz den Unterricht fort, bis die Schule aus war. 
4. Der Kronprinz als Feldherr. Der Kronprinz Friedrich 
Wilhelm war auch ein tüchtiger Feldherr und Soldat. Dreimal ist er 
für unser Vaterland in den Kamps gezogen; zuerst im Jahre 1864 
gegen die Dänen. Es war Winter und oft recht schlechtes Wetter. 
Der Kronprinz aber ging mit den Soldaten durch Schmutz und Schnee, 
schlief mit ihnen in Scheunen und schlechten Bauernhäusern und gab 
allen so ein schönes Borbild, die Mühen des Krieges geduldig zu 
ertragen. Als im Jahre 1866 der Krieg gegen Österreich ausbrach, 
führte er eiue Armee nach Böhmen. Damals war gerade sein Sohn 
schwer krank; aber das Vaterland brauchte den Kronprinzen, und er tat 
seine Pflicht als Soldat. Das Kind starb, während der Vater im 
Felde war. Dadurch, daß er bei ber Schlacht bei Königgrätz rechtzeitig 
auf bem Schlachtfelbe erschien, hat er wesentlich mit zu bem günstigen 
Verlauf bes Krieges beigetragen. Auch ben Krieg gegen Frankreich 
1870/71 hat er mitgemacht; er war ber Führer ber Süddeutschen unb 
errang mit ihnen gleich bie ersten Siege bei Weißenburg unb Wörth. 
Die Solbaten hingen mit großer Liebe an ihm. Wenn er mit ber 
Solbatenmütze auf bem Kopfe unb ber kurzen Pfeife im Munbe burch 
bie Reihen feiner Krieger bahinfchritt, herrschte allgemeiner Jubel. 
Für jeben hatte er ein srennbliches Wort, unb gern machte er einen 
Scherz mit ihnen. Den Sterbenben unb Berlvunbeten war es oft ein 
letzter Trost, wenn ber Kronprinz ihnen auf ihrem Schmerzenslager bie 
Hanb brückte und ihnen einige tröstenbe Worte sagte. — Nicht leicht 
vergaß er es, wenn er im Kriege mit einem Solbaten zusammen¬ 
gekommen war. Einmal ging er in Berlin spazieren. Da traf er einen 
Mann, ber hatte bie Denkmünze des französischen Krieges ans der
	        
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