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Germanisches Gehöft.
6. Laster. Leider hielten sie beim Trinken nicht immer das richtige Maß
irtrte. Bis tief in die Nacht hinein fand man sie bei ihren Trinkgelagen. Jedoch
wnrde hier auch manche ernste und wichtige Angelegenheit besprochen; den
gültigen Beschluß aber faßte man erst am folgenden Tage. Waren Krieg und
Jagd vorbei, so lagen sie gern behaglich auf der Bärenhaut und überließen sich
häufig dem Würfelspiel, wobei sie nicht selten Haus und Hof, ja selbst die
Freiheit verloren.
7. Tugenden. Treu- und Wortbruch fand man bei den Germanen nicht.
Bei ihnen hieß es: Ein Mann — ein Wort. Ein Handschlag galt a<s Eid.
Ebenso heilig ward bei ihnen die Ehe gehet.ten. Die Frau war nicht die Sklavin
des Mannes, sondern seine treue Begleiterin durchs Leben, mit der er Freud
unb Leid teilte. Gastfreundschaft würbe an jebermann geübt, gleichviel ob er
ein Frember ober Bekannter war. Ohne zu fragen, woher und wohin, teilte
man gern mit ihm, was an Speise und Trank in Küche und Keller war. Über
alles aber ging den Deutschen ihre Freiheitsliebe.
8. Vermählung. Die Braut wurde ursprünglich vom Bräutigam (gamo
oder gomo — Mann, also Brautmann) gekauft, zuweilen auch geraubt. Einer
Einwilligung ihrerseits beim Brautkaufe bedurfte es nicht. Rmder oder ein
gezäumtes Roß, einen Schild nebst Speer und Schwert gab der Bräut'gam dem
Vater gleichsam als Entgelt für die Arbeitskraft, die bem Elternhause nun ver¬
loren ging.
Dem Kaufvertrage folgte bie Vermählung. (Die Sitte, ben Verlobungs-
unb Trauring zu schenken, lernte man erst von ben Römern kennen.) De Ehe
würbe auf ber Mahlstätte geschlossen, bethet bie Ausbrücke „vermählen, Gemahl
und Gemahlin". Meistens vollzog ber Vater ber Braut ober bes Bräutigams