Seine wilden Scharen kannten kein Erbarmen. Weder Mann noch Weib, weder
Greis noch Rind blieb von ihnen verschont. Sie Saatfelder wurden zertreten,
Gold- und Silbersachen fortgeschleppt, Städte uud Dörfer in Aschenhaufen ver¬
wandelt. So kam er durch das heutige Österreich und Bayern, setzte über den
Rhein, zerstörte Worms, Straßburg, Metz und drang bis an die Loire vor.
Furcht und Schrecken ging vor ihm her, so daß er vom Volke als „Gottesgeißel",
wie er sich auch selbst nannte, angesehen wurde.
3. Kampfesweise. Keilförmig geordnet und mit wildem Geheul stürzten
sich die Scharen Attilas auf den Feind. Aus der Ferne warfen sie ihm ihre
Spieße, deren Spitzen aus scharfen Knochen gefertigt waren, entgegen; im Hand¬
gemenge suchten fie ihm mit dem kurzen Säbel den Kopf zu spalten. Auch
führten sie stets eine Schlinge mit sich, die sie während des Kampfes dem Feind
über den Kopf warfen, um ihn damit niederzureißen und so mit sich fortzuschleppeu.
4. Niederlage bei Chalons. In Frankreich stellte sich den Hunnen ein
gewaltiges Heer entgegen; es war aus Römern, Burgundern, Westgoten und
Franken zusammengesetzt. An einem Herbsttage 451 kam es auf den Kata¬
lanischen Feldern zur Schlacht. Vom frühen Morgen bis zum späten Abend
dauerte der Kampf. Unter den zahllosen Leichen, die das Schlachtfeld bedeckten,
befand sich auch der tapfere König der Westgoten.
Die Schlacht war so heiß und blutig gewesen, daß ein Bach. der über das Gefilde
rann, vom Blute rot gefärbt war. Trotzdem aber suchten die todwunden Streiter ihren
Durst aus dem Bache zu löschen. Mit einbrechender Nacht zog sich Attila zurück. Die
ganze Nacht klang die Totenklage schauerlich zu den Siegern herüber. Um diesen nicht
lebendig in die Hände zu fallen/ ließ sich Attila aus Pferdesätteln und hölzernen Schilden
einen Scheiterhaufen errichten, auf dem er sich bei einem etwaigen neuen Angriffe ver¬
brennen lassen wollte. Die Sieger aber ließen ihn unangefochten nach Ungarn zurückkehren.
5. Tod. Zwei Jahre später starb Attila ganz plötzlich. Allgemein war die
Trauer der Hunnen; sie schoren ihr Haar, zerfetzten ihr Gesicht und sangen
Klagelieder. Seinen Leichnam legten sie in einen goldenen Sarg, diesen stellten
sie in einen silbernen und beide wieder in einen eisernen. Mitten in der Nacht
begruben sie ihn und mit ihm seine Pferde, Waffen und Schätze. Alle Gefan¬
genen, die dabei geholfen hatten, wurden dann getötet, damit sein Grab dem
Feinde nicht verraten würde. Nach dem Tode Attilas zerfiel das große Hunnenreich.
3* Das 6nde der Völkerwanderung
1. Untergang des weströmischen Reiches durch Odoaker. Durch die Völker¬
wanderung sollte auch das weströmische Reich seinen Untergang finden. Der
Kaiser Theodosins hatte 395 das römische Reich unter seine beiden Söhne geteilt.
Der eine bekam das oströmische Reich mit der Hauptstadt Konstantinopel, der
andere das weströmische Reich mit der Hauptstadt Rom.
Zum weströmischen Reiche gehörte bald nur noch Italien; alle anderen Pro¬
vinzen waren von deutschen Volksstämmen besetzt. Auch in Italien konnte sich
der Kaiser nur noch mit Hi se deutscher Mietstruppen halten. Art der Spitze
derselben stand zuletzt der Heerführer Odoaker. Dieser forderte von dem Kaiser
Romnlns Augustulus, der noch ein Knabe war, den dritten. Teil Jtal ens für
seine Truppen. Als ihm dies der Kaiser verweigerte, setzte er ihn ab und machte
sich selbst zum Könige von Italien.