Full text: Geschichte für sächsische Schulen

1 — 54 — 
1273 2. Rudolfs Wahl. Um den traurigen Zuständen des Reiches ein Ende zu 
machen, beschlossen die Kurfürsten mit Ausnahme Ottokars von Böhmen, den 
Grafen Rudolf von Habsburg (im Aargau in der Schweiz) zum König zu 
wählen. An Land und Leuten war er nicht so reich wie die deutschen Herzöge, 
aber seine Tapferkeit und Frömmigkeit waren allgemein bekannt und leniten die 
Wahl auf ihn. Für ihn wirkte namentlich Friedrich von Zollern, Burggraf von 
Nürnberg. Seine Krönung zu Aachen wurde mit großem Jubel gefeiert. (Ge¬ 
dicht: Der Graf von Habsburg.) 
Um auch die Zustimmung des Papstes zu erlangen, mußte Rudolf auf alle 
kaiserlichen Hoheitsrechte und Besitzungen in Italien verzichten. Dieser 
Verzicht wurde ihm jedoch n'cht schwer; denn es war ihm längst klar geworden, 
daß die italieni chen Besitzungen dem Deutschen Reiche viel Unheil gebracht 
hatten. Italien erschien ihm wie die Höhle des Löwen, von der der Fuchs 
sagte: „Ich sehe wohl die Fußtapfen derer, die glücflch hineinkamen, aber nicht 
derer, die glücklich herauskamen." 
3. Kampf mit Ottokar. Der Böhmenkönig Ottokar war der mächtigste 
Fürst Huer Zeit. Unter ihm waren zahlreiche deutsche Ansiedler nach Böhmen 
gekommen, und viele deutsche Städte entstanden. Handel und Bergbau erhielten 
einen mächtigen Aufschwung. Friede und Wohlstand herrschten im Laude. In 
der kaiserlosen Zeit hatte er sich noch Mähren, Österreich, Kärnten, Krain 
und Steiermark angeeignet. Jetzt wäre er selbst gern deutscher König ge¬ 
worden. Daher erschien er nicht bei der Krönung, verweigerte auch dem „armen 
Grafen" den Eid der Treue. Als er auch die Reichsgebiete nicht herausgeben 
wollte, eröffnete Rudolf gegen ihn den Reichskrieg. Ottokar verlor in der Schlacht 
1278 auf dem Marchfelde 1278 Sieg und Leben. Von feinen Ländern blieben Böhmen 
und Mähren feinem Sohne. Kärnten fiel an Tirol. Österreich, Steiermark und 
Krain gab Rudolf feinen eigenen,,Söhnen und wurde dadurch der Gründer der 
habsburgifchen Hausmacht. Er vergrößerte sie noch dadurch, daß er feine 
sechs Töchter und drei Söhne mit länderreichen Fürsten und Fürstinnen verheiratete. 
4. Rudolf stellt die Ordnung her. Rudolfs größte Sorge war, Ruhe und 
Ordnung im Lande herzustellen. Zu jener Zeit focht ein Ritter, wenn er mit 
einem anderen Ritter oder einer Stadt Streit hatte, feine Sache selbst aus. So 
waren denn'hin und her im Lande zahlreiche Kämpfe. Rudolf erließ ein Gesetz 
über den Landfrieden. Wer geschädigt war, sollte vor dem Richter Klage 
erheben. Wurde ihm fein Recht nicht zuteil, so konnte er sich selbst helfen, mußte 
aber drei Tage vorher Fehde ansagen. Besonders streng verfuhr Rudolf gegen 
die Raubritter. In Thüringen allein ließ er 29 hinrichten und 66 ihrer Burgen 
abbrechen. Auch am Rhein zerstörte er 70 Raubburgen. „Keinen halte ich für 
adelig," sagte er, „der von Raub und unehrlicher Hantierung lebt." Rudolf 
hatte sich durch feine Bemühungen um den Landfrieden den Dank der Städte 
erworben. Er verlor aber diese Gunst, als er sich genötigt sah, hohe Steuern zu 
fordern. Es kam an manchen Orten sogar zu Aufständen, und Rudolf mußte 
sich begnügen, von Jahr zu Jahr mit jeder einzelnen Stadt über die Abgaben 
zu verhandeln. — Oft faß er persönlich zu Gericht, und Gehör gewährte er 
jedermann. Als feine Diener einst einen armen Mann abweisen wollten, sagte 
er: „Bin ich denn König geworden, daß ihr mich vor den Menschen einschließt?"
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.