1 - 88 —
Bockolt, gewöhnlich Johann von Leyden genannt. Dieser gab sich für einen
Propheten aus. Sein Anhang vermehrte sich von Tag zu Tag. Schln ß'ich er¬
richtete er in Münster ein Königreich Zion und kündigte sich als dessen König an.
Er führte die Vielweiberei ein und' ließ durch seinen Scharfrichter Knipperdolling
viele Unschuldige hinrichten.
Bald aber erschien der Bischof von Münster mit einem Heere und schloß die
Stadt ein, die binnen kurzem ausgehungert war und sich ergeben mußte. Johann
von Leyden wurde gefmtgeu und ein Jahr lang in mehreren Städten zur
Schau ausgestellt, dann aber auf dem Marktplatze in Münster grausam hin¬
gerichtet.
6. Zwingli und Calvin*
Fast gleichzeitig mit Luther trat auch in der Schweiz ein Reformator auf: Huld-
reich Zwingli, Pfarrer in Zürich. Wie Tetzel in Deutschland, so trieb damals der
Mönch Samson in der Schweiz den Ablaßhandel in der unverschämtesten Weise. Das
gab Zwingli Veranlassung (1519), öffentlich gegen Ablaß und Fegefeuer, gegen die welt¬
liche Macht des Papstes und den Reichtum der Geistlichkeit aufzutreten. Zwingli schöpfte
wie Luther alle seine Erkenntnis nur aus der Bibel selbst und stimmte auch in den
meisten Punkten mit ihm überein. In der Lehre vom Abendmahl wichen jedoch die
beiden Reformatoren voneinander ab. Während Luther behauptete, es müsse heißen:
„Das ist mein Leib", meinte Zwingli, es sei richtiger zu sagen: „Das bedeutet den
1529 Leib." Auf Wuusch Philipps von Hessen kamen Luther und Zwiugli in Marburg (1529)
zusammen, um sich über diesen Punkt zu einigen; aber jeder blieb bei seiner Meinung. —
Die Lehre Zwinglis breitete sich in der Schweiz immer mehr aus. Die Kantone Schwyz,
Uri, Unterwalden, Luzern und Zug aber widersetzten sich der neuen Lehre und ver¬
braunten sogar einige Prediger der zwinglischen Lehre. Bald entstand ein blutiger Kampf
zwischen den reformierten und katholischen Kantonen. Bei Kappel kam es zur Schlacht.
Die Züricher'erlitten eine Niederlage, und Zwingli selbst, der das Banner der Stadt
trug, wurde erschlagen. (1531.) In dem bald darauf folgenden Frieden wurde festgesetzt,
daß es jedem Kanton freistehe, feine kirchlichen Angelegenheiten selbst
zu ordnen. — Später setzte Johann Calvin in Genf das Werk Zwinglis fort.
Seine und Zwinglis Anhänger nennt man Reformierte, während die Anhänger
Luthers Lutheraner genannt werden. Die Hauptbekenntnisschrift der Reformierten
ist der Heidelberger Katechismus.
7* Karl V\ (15^—1556) und der ScbmalhaldiTcbe Krieg. (1547*)
1. Stellung zur Reformation. Nach den: Tode Maximilians wurde sein
Enkel Karl, Körticj von Spanien, zum Kaiser von Deutschland gewählt. Er
war der mächtigste Fürst seiuer Zeit, uud in seinem weiten Reiche, das sich
auch über eiueu großen Teil Südamerikas erstreckte, ging, wie er selbst sagte, die
Sonne nicht unter. Als eifriger Anhänger der katholischen Kirche erklärte er den
1521 deutschen Fürsten auf dem Reichstage zu Worms (S. 82), daß er entschlossen
sei, alle seine Reiche, Freuude, Leib und Leben dahin zu verwenden, daß der
deutschen Nation die katholische Religion erhalten werde. Weg'en seiuer Kriege
mit Frankreich konnte sich der Kaiser jedoch nicht viel um den Fortgang der
Reformation kümmern.
2. Reichstag zu Speier. Augsburgijche Konfession. Als die Reformation
1529 aber immer weiter imt sich griff, hielt er 1529 zu Speyer einen Reichstag ab,