Full text: Geschichte der neueren Zeit (Teil 3)

Luthers Häuslichkeit. Die Not der Bauern. I 2s—3-2. 
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3. Der Bauernkrieg. 
1. Dem machtlosen Kaiser gegenüber wurden die Landesfürsten 
immer mächtiger. 
Der Adel war verarmt, seitdem die Kreuzzüge und die „Rom¬ 
fahrten" aufgehört hatten. Die Ritter dienten den Fürsten und 
Städten, oder sie lauerten in Busch und Strauch (als „Heckenreiter", 
„Strauchdiebe") auf die „Eottesgabe" eines Warenzuges, um ihn 
„niederzuwerfen" und sich an Beute und Lösegeld zu erholen. Adel, 
Geistlichkeit und Städte aber schoben in den Einzelländern die Kosten 
der Staatsverwaltung, die Steuern, am liebsten auf den Bauern¬ 
stand, der längst wehrlos geworden und in eine Art Leibeigenschaft 
gesunken war. An Rechtsprechung und Kriegspflicht, an Wald und 
Weide hatte er keinen Anteil mehr; zum Auswandern besatz er kein 
Recht, und es fehlte an Ländern zur Ansiedlung. Abgaben hatte er 
nicht nur an den Landesherrn zu entrichten: an den Herrn oder das 
Kloster, dessen Eigentum seine Felder waren, fiel die dritte Garbe der 
Ernte und beim Tode des „Grundholden" der „Sterbfall" oder das 
„Vesthaupt", das beste Stück des Nachlasses. Schwer lastete die 
Fronarbeit in Hand- und Spanndienst, schwerer noch der Wild¬ 
schaden: der Bauer mußte als Treiber jagen helfen, durfte aber sein 
Feld nicht selber schützen gegen das Wild; der „Wilderer" wurde 
grausam gestraft, etwa gar auf einen Hirsch geschmiedet. Die Sommer¬ 
nächte hindurch mußten die Ärmsten wohl das Wasser im Burg¬ 
graben peitschen, damit das Quaken der Frösche die Herrschaft nicht 
im Schlafe störe; in der Wutachgegend, im südlichen Schwarzwald, 
mutzten sie in der Erntezeit Schneckenhäuser suchen, auf die die Gräfin 
von Lupfen Garn winden wollte. Am meisten traf der Hatz des 
„gemeinen Mannes" die Geistlichkeit, der er von Halmfrüchten, Wein 
und Heu den Großen, von Vieh und Gartenfrüchten, Obst und Hanf 
den Kleinen Zehnten schuldete. 
*2. Und dabei lebte im Bauernstande noch die alte Kraft: in 
Scharen strömten die Bauernsöhne den „Fähnlein" der Fürsten und 
Städte zu, um als „fromme (d. h. tapfere) Landsknechte" zu dienen 
und Beute zu machen. 
Der Bürger wurde reich durch Handwerk und Handel; um an 
Glanz und Wohlleben hinter ihm nicht zurückzustehen, sog der Adel 
den hörigen Landmann immer schonungsloser aus. „Der Bauer ist an
	        
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