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denn Handel und Gewerbe zogen sich aus den unterworfenen Landschaften mehr
und mehr nach der Hauptstadt. Auf den Gütern der großen Grundbesitzer
nahm die Zahl der Sklaven zu, denn die Kriegsgefangenen wurden als solche
verwendet. Der echte Römer stützte sich auf deu Grundbesitz, Handwerk und
Kaufmannschaft betrachtete er als etwas Entehrendes. Je mehr er Sklaven
befaß, desto freier wurde er, desto mehr konnte er sich den Staatsgeschäften
und dem Kriegsdienste widmen, doch gelangten damals auch noch kleine Bauern,
wie Fabrieins und Curius Tentatns zu den höchsten Ehrenstellen, denn Luxus
und Wohlleben hatten noch nicht überhand genommen. Das Geld war
immer noch Kupfer, in großen pfundschweren Klumpen kam es in den
Verkehr. Erst nach dem Kriege mit Pyrrhus fing man an, Silbermünzen
zu prägen.
Auf die Ausschmückung der Stadt wurde nicht viel verwendet. Nur das
Forum kam immer mehr zu Ehren. An Stelle der alten Fleischbuden er¬
hoben sich Säulenhallen, in denen die Kaufleute und Geldwechsler sich nieder¬
ließen. Die Rednerbühne wurde mit den Schnäbeln eroberter Schiffe geschmückt,
und ringsum im Kreise standen Statuen, die zum Teil wohl aus den griechischen
Küstenstädten geraubt waren. Mehr Sorgfalt verwandte man ans das Nütz¬
liche. Man fing an die Straßen zu pflastern, Wasserleitungen und Wege zu
bauen; dafür sorgten die Ädilen (Bauherrn). Kunst und Wissenschaft lagen
noch tief darnieder. Zwar ein Fabier, also ein Mann aus edlem Geschlechte,
befleißigte sich der Malerkunst, allein sein Beispiel fand wenig Nachahmung.
Tie volkstümliche Poesie bestand hauptsächlich -in Spottliedern (Satiren), in
Possen, die zum Erntefeste, bei der Weinlese oder bei Hochzeiten aufgeführt
wurden, und in feierlichen Tänzen zu Ehren der Götter, wobei man durch
Gebärden unter Begleitung von Flötenspiel gewisse Handlungen darstellte
(mimische Ausführungen). Das öffentliche Leben war prosaisch, der gebildete
Mann legte den Hauptwert auf Rechtskunde, Geschichtskenntnis und eine klare,
überzeugende Redekunst im Senate. Hoch und niedrig erfreute sich am meisten
an festlichen Aufzügen, wobei man gern den höchsten Prunk entfaltete. Einen
Trinmphzng zu feiern, im Kostüm Jupiters hoch zu Wagen, vom Jnbel der
Menge umrauscht den heiligen Weg über das Forum nach dem Kapitol zurück¬
zulegen und dort das große Dankopser darzubringen, war die Sehnsucht jedes
Feldherrn. Eiue Volksbelustigung höherer Art waren auch die großen oder
römischen Spiele, welche alljährlich im Circus maximus abgehalten wurden.
Damals beschränkten sie sich auf Wagenrennen und Faustkämpfe, erst später
entarteten sie zu den grausamen Fechterspielen. Obgleich sich infolge der
schnellen Erweiterung des Staates die strenge Abgeschlossenheit der Familien
und Geschlechter lockerte, so hielten doch die patrizischen Familien noch immer
auf die alten patriarchalischen Ceremonien. Starb das Oberhaupt eines vor¬
nehmen Hauses, so wurde die Leiche im Atrium (Vorhause) aufgebahrt. Hier
standen ringsum in Nischen die Bilder der Ahnen, jedes mit einer Inschrift
versehen, welche die Ämter, Würden und Thaten des Betreffenden anzeigte.
Die Ahnen schritten auch im Leichenzuge, dem Sarge voran. Es waren dies
Personen, welche sich in die Amtstracht und die Wachsmaske der früheren
Familienhäupter gekleidet hatten. Am Grabe wurde dem Verstorbenen von
einem seiner Verwandten eine Lobrede gehalten, in der es gewiß an Über¬
treibungen nicht fehlte. Diese Übertreibungen gingen in die Familienchroniken