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sandtschast Einstellung der Feindseligkeiten gegen ihre Schutzbefohlenen, Hannibal
erkannte dieses Verhältnis nicht an und fuhr fort, Sagnnt zu belagern. Umsonst
warteten die Saguntiner auf römische Hilfe, sie mußten sich ergeben. Hart
genug mögen die karthagischen Söldner mit den Besiegten umgegangen sein;
Mord, Brand und Plünderung wüteten in der unglücklichen Stadt, die Über¬
lebenden wurden als Sklaven verkauft.*)
Bei den libyfchen und spanischen Söldnern, die den größten Teil von
Hannibals Heer ausmachten, mochte die reiche Beute wohl die Kriegslust ent¬
flammen, und gewiß sahen sie es nicht ungern, als ihr Feldherr in Neukarthago
die Vorbereitungen zum Zuge nach Italien tras. Unterdessen ging eine
römische Gesandtschaft unter Führung eines Qnintus Fabius Maximus
nach Karthago und verlangte die Auslieferung Hannibals. Aber der Senat fand-
nichts Strafwürdiges in der Handlungsweise seines Feldherrn. Da faltete
Fabius seine Toga und sprach: „Hier habe ich Krieg und Frieden; sagt, was Ihr
wollt." „Gieb, was Du willst", war die Antwort des Senates. „So sei es
Krieg", rief Fabius und entfaltete die Toga.
Im Sommer des Jahres 218 brach Hannibal mit 90000 Mann Fußvolk,
12 000 Reitern und 37 Elefanten von Neukarthago auf und überschritt
den Ebro. Unter fortwährenden Kämpfen mit den Eingeborenen, wobei er
20000 Mann verlor, gelangte er an den Fuß der Pyrenäen. Hier ließ er
seinen Bruder Hasdrubal mit 10000 Mann zur Deckung Spaniens zurück,
einige Tausend schickte er heim, weil sie ihm nicht zuverlässig genug zu sein
schienen, mit den übrigen, einem auserlesenen Heere von etwa 50000 Mann
zu Fuß, 9000 Reitern und deu Elefanten überschritt er das Gebirge. Ohne
größere Verluste gelaugte er bis zur Rhone. Hier fand er unverhofften
Widerstand. Gallische Kriegerhaufen sammelten sich am andern User und wehrten
ihm den Übergang. Aber er wußte Rat. Während ein Teil des Heeres
am Flusse hinaufging und an einer unbesetzten Stelle aus Flößen übersetzte,
ließ er Bäume fällen und zu Kähnen aushöhlen. Als dann Feuersignale ihm
verkündeten, daß die Seinen im Rücken der Feinde angekommen feien, begann
er mit den Tapsersten die Überfahrt. Die Gallier, von zwei Seiten ange¬
griffen, zogen sich zurück, und ungestört konnte nun die große Masse des Heeres
nachfolgen. Am schwierigsten war der Transport der Elefanten. Erst als
man die Flöße mit Erde und Rasen überzogen hatte, ließen sie sich bewegen,
dieselben zu betreten. Hannibal konnte von Glück sagen, daß das Heer weiter
kam. Denn schon war ein römisches Heer in Massilia (Marseille) gelandet
und marschierte am linken Rhoneuser aufwärts. Eine Reiterschar, die voraus¬
eilte, um Kundschaft einzuziehen, stieß mit numidischm Truppen zusammen,
welche in der Gegend umherschwärmten, aber als das Heer an der Überfahrts¬
stelle anlangte, stand Hannibal bereits am Fuße der Alpen.
Es war im Oktober, als das karthagische Heer die engen Thäler des
gewaltigen Gebirges aufwärts zog. Wer hätte auch nur ahnen können, daß
ein Heerführer dies wagen würde! Wie war es möglich, daß auf Pfadeu,
die keines Menschen Fuß ohne Gefahr betrat, ein schwerfälliges Heer mit Gepäck,
Pferden und Elefanten vorwärts kommen konnte! Einem Hannibal fchien
*) Nach einer andern, aber nicht verbürgten Erzählung sollen sich die Saguntiner
mit Weib und Kind und aller Habe selbst den Flammen übergeben haben.