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das Schlachtfeld gut und besiegte das römische Heer gänzlich. Er würde es
vernichtet haben, wenn nicht der vorsichtige Fabius in der Nähe gewesen wäre
und die Flüchtigen aufgenommen hätte. Beschämt legte Minncius den Ober¬
befehl nieder. Als die sechs Monate seiner Amtsführung um waren, trat
auch Fabius ab. Er hatte das Heer erhalten, mehr hatte er nicht thun
können. Aber das beste war ohne ihn geschehen. Die Treue der Bundes¬
genossen hatte Hannibal weder durch Versprechungen, noch durch Gewalt er¬
schüttern können. Nur allein die Samniter waren schwankend geworden und
leisteten Zuzug, die übrigen brachten sogar Gold und Goldeswert nach Rom,
uni dem Staatsschatze aufzuhelfen, und der alte Hiero von Syrakus schickte
300 000 Scheffel Weizen, 300 000 Scheffel Gerste, 1000 Bogenschützen und
ein goldenes Standbild der Siegesgöttin.
Die Konsuln des Jahres 216 waren C. Terentins Varro und
Lucius Ämilius Paullus, ersterer eiu Mann aus dem Volke, eines
Fleischers Sohn, letzterer ein Genosse des bevorrechteten Standes, ersterer
unternehmend, aber ohne Kriegserfahrung, letzterer von anerkannter militä¬
rischer Tüchtigkeit. Sie übernahmen ihr Amt in der Voraussetzung, daß ein
entscheidender Schlag geführt werden müsse. Dies war wohl auch die Ansicht
des Senates. Darum wurden die Aushebungen in größtem Umfange betrieben.
Nicht vier, sondern eicht Legionen sollten ins Feld rücken, jede zu 5000 Mann
zu Fuß und 300 Reitern, ohne die Bundestruppen, die ungefähr in der¬
selben Stärke einberufen wurden. Ein Heer von 80 000 Mann zu Fuß und
6000 Reitern mußte, so rechnete man, Hannibal mit seinen 40 000 Mann
überwältigen. Beide Konsuln wollten diese außerordentliche Heeresmasse
gemeinschaftlich führen, jeden Tag feilte das Kommando zwischen ihnen wechseln.
Schon das war ein großer Fehler. Denn wenn die beiden Feldherrn nicht
ganz einmütig waren, welche Verwirrung mußte dann entstehen! Hannibal
verweilte in der Nähe von Cannä am Osanto (Aufidus), wo er eben ein
römisches Kornmagazin weggenommen hatte. Hierher zog sich auch das
römische Heer und errichtete ein festes Lager am rechten Ufer des Flusses in
gemessener Entfernung von dem karthagischen. Varro drängte zur Schlacht.
Nur 10 000 Mann ließ er im Lager zurück und zwar mit dem Aufträge, daß
sie fofort beim Beginne des Kampfes das Lager des Feindes angreifen sollten,
um die Aufmerksamkeit desselben zu teilen. Die übrigen führte er durch ben
seichten, fast ausgetrockneten Fluß und stellte sie den Karthagern gegenüber
in Schlachtordnung auf. In der Mitte sammelte er das Fußvolk an, nicht so,
daß es eine lang ausgedehnte Front bildete, sondern als eine große Masse von
außerordentlicher Tiefe, an den Flügeln ließ er die Reiterei Stellung nehmen.
An jedem derselben befehligte einer ber Konsuln, Ämilius Paullus am linken,
Varro am rechten; im Centrum waren Servilius, der Konsul des vorigen
Jahres, und Minncius, der frühere Reiteroberst des Fabius, mit der Führung
der Legionen betraut. Hannibal ging sogleich mit voller Heeresmacht über
den Fluß, um die Schlacht anzunehmen. Gleich anfangs gereichte ihm die
römische Ausstellung zum Vorteil, er brauchte der gewaltigen römischen Heeres¬
masse gegenüber keine längere Front, als es sein halb so großes Heer zuließ.
Überdies hatte er sein karthagisches Fußvolk mit den erbeuteten römischen
Waffen ausgerüstet, gewiß, weil er deren Vortrefflichkeit anerkannte; die
Spanier hatten kurze, gerade Schwerter, die Gallier, welche übrigens nach ihrer