130 Einfluß der humanistischen Richtung auf Wissenschaft und Bolkstum. 
bildet. Echt dichterische schöpferische Kraft findet man nicht immer, doch ist 
der Inhalt der Poesien meist nicht ohne Wert. Wohl finden sich Gedichte 
auf einen Heiligen, auf die Jungfrau Maria oder über irgend einen mora¬ 
lischen Satz und über allgemeinere, oft behandelte Gegenstände; die Haupt¬ 
gegenstände der Poesien aber sind aus dem Leben, aus der Gegenwart ge¬ 
nommen, sie haben unmittelbare Beziehung zur Wirklichkeit. Übrigens 
ist auch bei manchen dieser Poeten wahrhaft dichterisches Talent nicht zu 
verkennen, wie bei Konrad Geltes, Heinrich Bebel, Eoban Hesse, Ulrich von 
Hutten, die alle meist Bestrebungen und Verhältnisse der Gegenwart zum 
Vorwurfe ihrer Dichtungen machten. 
Auch die mathematischen und physikalischen Wissenschaften traten in 
Gegensatz gegen die leere, unfruchtbare Spekulation der Scholastik, und diese 
auf die Wirklichkeit sich bauenden Disziplinen werden von den Anhängern 
der neuen Richtung als die eigentliche Philosophie, als die wahre Weisheit 
hingestellt. Viele für die damalige Zeit ausgezeichnete Mathematiker und 
Astronomen gab es: in Tübingen Johann Stoffler, in Wien Stabins, 
nirgends aber waren so viel Mathematiker beisammen als in Nürnberg. 
Hier lebte der Heros der neuen mathematischen Wissenschaft, Regiomontanns 
und sein trefflicher Schüler Bernhard Walther, ferner Schoner, Heinfogel 
und Werner. Auch Albrecht Dürer erwies durch seine Bücher über die 
Meßkunst der Mathematik einen großen Dienst. 
Eine so kunstreiche Stadt, wie Nürnberg, war natürlich auch am besten 
dazu geeignet, das Studium der Mathematik und der mit ihr in Verbin¬ 
dung stehenden Wissenschaften zu begünstigen, denn die dazu nötigen In¬ 
strumente wurden hier am besten verfertigt. Alle jene Männer haben mehr 
oder minder bedeutende Kunstwerke verfertigt, welche entweder an einem 
öffentlichen Gebäude der Stadt oder sonstwo als Kuriositäten lange Zeit 
aufbehalten wurden. Besonders wurden viele Erd- und Himmelsgloben, 
sowie Planetarien verfertigt. 
Auch die mathematischen Studien gründeten sich übrigens auf die Alten. 
Man studierte den Euklid, den Ptolemäns. Indessen blieb man nicht bei 
den Alten stehen, sondern machte eigene Forschungen. Regiomontanns war 
schon ganz nahe an die Bewegung der Erde herangekommen, und ehe Co- 
pernikns mit seiner Idee hervortrat, hatte sie schon der Nürnberger Johann 
Schoner in einem seiner Traktate ausgesprochen. Aber auch von einem 
Auswüchse der Astronomie, der Astrologie, vermochte man sich nicht ganz 
loszumachen. Man stellte immer noch Prognostiken und das Horoskop, 
und selbst die angesehensten Gelehrten wie Pirkheimer u. a. thaten es. 
Neben den Naturwissenschaften trieb man mit besonderem Eifer Ge¬ 
schichte. Man darf aber, mit das neue Leben, das sich in den historischen 
Studien offenbart, zu erkennen, nicht aus die sogenannten allgemeinen Ge¬ 
schichten und auf die Chroniken sehen, denn diese sind meist noch nach der 
alten Weise, sondern auf Spezialgeschichten, auf Bearbeitungen der Ge¬ 
schichte der Gegenwart.
	        
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