Deutsche Kunst im 16. Jahrhundert. 227
nicht wieder erreicht haben. Durch sie gelangte die Kunst in den Handel,
ließen ihre Erzeugnisse auf Jahrmärkten und in armen Bürgerhäusern sich
finden und erlangten in mehr als einer Beziehung eine große Popularität.
Es ist ein bekanntes charakteristisches Merkmal der antiken Kunst,
namentlich der antiken Plastik, daß sie nicht eben nach bedeutenden und
bedeutungsvollen Motiven für ihre Darstellung sucht, sondern daß sie oft
die geringfügigsten gleichsam nur als Vorwand nimmt, um ihren Gestalten
eine Bewegung zu verleihen, daß diese selbst aber immer die Hauptsache
bleiben. Etwas ganz Ähnliches kommt im 16. Jahrhundert vor. Finden
wir unter den Kupferstichen und Holzschnitten damaliger Zeit ausgezählt:
der kleine Reiter, Ute Dame zu Pferde, der Bauer und feine Frau, die
Wirtin und der Koch, der Fahnenträger, der Dudelsackpfeifer k., so haben
wir Gegenstände, wie sie damals im Geschmacke der Kunst waren. Es sind
in ihnen bie antiken
Vorwürfe: der Fech¬
ter, der Diskuswerfer,
der Knabe mit dem
Vogel, das Mädchen
mit den Knöcheln rc.
nur ins Nordische
übertragen. Es sind
Gegenstände aus dem
L^ben, die man nun
für wert hielt, sie
künstlerisch zn behan¬
deln, sich an ihnen
im Bilde zu erfreuen.
Das Leben ist diesen
Künstlern und denen,
die sich ihrer Bilder
freuen, kein verdammliches mehr; es ist eingetreten in die Reihe der sitt¬
lichen Mächte, welche die Gotteswelt ausmachen.
Wie das menschliche Leben trat nun auch die Natur in das Recht
künstlerischer Bearbeitung, und die Landschaft, etwas später auch das Still¬
leben, wurden eigene Zweige der Knnstübnng. Albrecht Dürers Figuren
leben und weilen in den Landschaften und er führt diese, namentlich in
seinen Kupferstichen und Holzschnitten, mit außerordentlicher Liebe und
Sorgfalt aus. Aber er behandelt sie trotzdem noch sehr willkürlich und
phantastisch. Solche Berge, Felsen und Bäume, wie er sie zeichnet, giebt
es nirgend. Häufig haben seine Landschaften geradezu einen symbolischen
Charakter, wie in dem berühmten Kupferstiche „Ritter, Tod nnd Tenfel".
Mit mehr Naturwahrheit behandelte Dürers Schüler Albrecht Altdorfer
die Landschaft, und er machte bereits einige Versuche, sie selbständig zu 6er¬
handeln. Er brachte bereits den tiefen, gemütvollen Sinn mit, dem es
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Fig. 15. Tanzende Bauern.
(Nach tern Kupferstich: Die Monate, von S. Beharn.)