— 41 — 
nicht vor dem Prozeß, fürchte mich auch nicht vor den 
Schlittern und Geschworenen, ja nicht einmal vor den 
Achtundvierzigern; denn das Recht ist auf meiner Seite, 
und Recht muß Recht bleiben!" 
Ein Freudenstrahl huschte über das breite Gesicht 
Lames, als er diesen Vorschlag seines Vetters hörte. „Das 
wolltest Du wirklich thun, Wiben?" sagte er; „Du wolltest 
mir für die unsichere Erbschaft bare zweitausend Mark 
zahlen? O, dann wäre ich der glücklichste Mensch unter 
der Sonne und ich wäre mit einem Male aller Sorgen 
ledig. Für diese Liebe werde ich Dir ewig dankbar sein." 
„Dank brauchst Du mir dafür nicht zu sagen, Lame," er¬ 
widerte Wiben abweisend; „die Sache ist nicht so sehr 
zu Deinem, als zu meinem Vorteil. Denn steh, wenn ich 
den Prozeß gewinne — und das werde ich sicherlich, weil 
ich im Rechte bin — so erhalte ich die ganze Erbschaft, 
und die beträgt viel mehr als zweitausend Mark. Freilich 
wird ein Teil von den Prozeßkosten verschlungen werden, 
aber ich gedenke doch noch dabei ein gutes Geschäft zu 
machen. Also sage mir weiter keinen Dank. Uebermorgen 
gehe ich mit Dir zum Vogt; dort muß es sick ja entscheiden, 
ob die Gebrüder Groth sich mit Dir vergleichen wollen. 
Wollen sie es nicht, so lassen wir dort sofort die Schrift 
aufsetzen, und der Prozeß kann beginnen. Und nun genug 
davon, Lame. Gehe heim und lege Dich ruhig schlafen; 
Du kannst es Dir ja auch noch einige Male überlegen, was 
ich Dir gesagt habe, damit Dich der Handel später nicht 
reut. Mache aber weiter kein Aufhebens davon; denn 
vorläufig brauchen die Leute nicht zu wissen, was wir 
verabredet haben." „Sei ohne Sorgen, Wiben," versetzte 
Lame, indem er sich erhob und den Brüdern und Frau 
Lina die Hand zum Abschied reichte; „ich werde nichts 
sagen unb der Handel wird mich auch nicht gereuen." 
Eine Zentnerlast war ihm von ber Seele genommen unb 
frohen Mutes verließ er bas gastliche Haus seines Vetters, 
bas er mit so schweren Sorgen betreten hatte. 
Als er gegangen war, sagte Lina zu ihrem Manne: 
„Ich wollte, Wiben, Du hättest bem Unglücksmenschen bas
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.