Full text: Der Erbe von Stübeckshorn (1)

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der Freude zog über sein Gesicht, als er den Sohn er¬ 
kannte. Er winkte ihn an sein Lager, und Hermann 
knieete an demselben nieder, ergriff die einst so starke, 
jetzt schlaff herabhängende Rechte seines Vaters und be¬ 
deckte sie mit seinen Küssen und mit Thränen kindlicher 
Liebe. Der Gaugraf aber sprach mit zum Himmel ge¬ 
richtetem Blick: „Herr, nun lässest Du Deinen Knecht in 
Frieden dahinfahren, da ich zuvor noch habe das Angesicht 
meines Sohnes sehen dürfen". Mühsam, kaum den Um¬ 
stehenden verständlich, hatte er diese Worte gesprochen, 
welche seine letzten auf dieser Erde sein sollten. Die 
Freude über das Wiedersehen hatte den nur noch schwach 
glimmenden Lebensfunken rasch zum Verlöschen gebracht, 
und als im Osten die Morgenröte aufstieg, verließ die 
edle Seele dieses echt deutschen Mannes ihre gebrechliche 
irdische Hülle, um einzugehen in die Wohnungen der 
Seligen. Am Lager aber standen das treue Weib des 
Entschlafenen, seine Tochter und sein ritterlicher Sohn, 
zwar trauernd über den unersetzlichen Verlust, aber doch 
fröhlich, daß der letzte sehnlichste Wunsch ihm erfüllt 
worden war. 
Auf freier, weiter Heide, neben dem Grabe seines 
bewährten Freundes Wichmaun, wurde dem teuren Entschla¬ 
fenen die letzte Rnhstatt bereitet; so war es sein eigener Wunsch 
gewesen. Dort betteten die Männer seines Gaues den 
entseelten Leib ihres Richters, der niemals jemand unrecht 
gethan, der ein treuer Wächter des Gesetzes gewesen war 
sein Lebenlang. Jetzt sind Jahrhunderte dahingerollt und 
niemand weiß mehr die Stätte, wo sie ihn hingelegt. 
Heideblumen bedecken vielleicht die beiden Gräber, und 
der Fuß des einsamen Schäfers schreitet achtlos über die¬ 
selben dahin; vielleicht zieht der Landmann mit der 
Pflugschar lange Furchen über dieselben; vielleicht sind 
sie mit Brombeeren und auderm Gestrüpp bewachsen, 
aus welchem im Frühjahr die Nachtigall ihr klagendes 
Lied erschallen läßt. Aber unvergessen ist der Name 
des Edlen bis auf den heutigen Tag, und eher werden 
die sieben Steinhäuser ganz in den Boden sinken, als
	        
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