Full text: Die Burgfrau von Ahlden (6)

Im Jahre 1666 wurde dem edlen Paare eine Tochter- 
geboren, welche in der Taufe den Namen Sophie Dorothea 
erhielt und bald darauf vom Kaiser Leopold I. in den 
Stand einer Reichsgräfin von Wilhelmsburg erhoben 
wurde. Auch bestimmte der Kaiser durch eine Urkunde 
vom Jahre 1674, daß, falls die junge Reichsgräfin sich 
jemals mit einem Mitglieds eines alten Fürstenhauses 
vermählen würde, sie alsdann den Titel und das Wappen 
einer Herzogin von Braunschweig erhalten sollte, auch 
sollten ihre etwaigen Kinder in diesem Falle völlig erb¬ 
berechtigt sein. 
Durch die Geburt dieser Tochter wurde das Ver¬ 
hältnis der beiden Gatten noch inniger und herzlicher, ihr 
Glück wurde noch größer. Eine glückliche Zukunft schien 
dem fürstlichen Kinde bevorzustehen, welche durch die 
kaiserliche Gnade noch mehr befestigt schien. Aber wie 
ein giftiger Meltau siel schon in die Kinderjahre der 
jungen Reichsgräfin der Haß der stolzen Tante, welche 
eine Zurücksetzung für sich darin erblickte, daß die Tochter 
der verachteten Hugeuottin einst im Range ihr vielleicht 
gleich, ja wohl gar über ihr stehen würde. Sie ver¬ 
weigerte es daher aufs allerbestimmteste, das Kind, 
welches ihr wenig mehr als ein uneheliches galt, zu sehen, 
und sprach überhaupt nur in den allerverächtlichsten Aus¬ 
drücken von Sophie Dorothea sowohl als auch von deren 
Mutter, der doch selbst vom Kaiser anerkannten Gemahlin 
des Herzogs Georg Wilhelm. 
Der Haß der stolzen, herzlosen Tante vermochte zwar 
dem ahnungslosen Kinde nicht zu schaden, welches zur 
Freude seiner Eltern, gesund an Leib und Seele, in 
freundlicher Umgebung heranwuchs. Frühzeitig verriet 
Sophie Dorothea hervorragende Geistesgaben, und die 
hochgebildete Mutter versäumte nichts, sowohl selbst als 
auch durch tüchtige Lehrer dieselben auszubilden. Aber 
trotz der vielen Lehrstunden fand das Fräulein Zeit, in 
dem väterlichen Schlosse in den entlegenstell Winkeln und 
Ecken umherzuspüren, oder in den freundlichen das Schloß 
umgebenden Parkanlagen mit ihren Gespielen und Ge-
	        
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