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auch hier Entdeckung droht? Oder soll ich dem Schicksal
trotzen und bleiben, und abwarten, was weiter geschehen
wird? Laß mich aus dem Munde meines Weibes die
Entscheidung hören; ihr, der Ahnungslosen, gib ins Herz,
was sie mir raten soll, und darnach will ich handeln.
Aber ich fühle und ahne es, neue Kampfe stehen mir bevor.
Hilf, daß sie zum Guten sich wenden; und wenn Du
strafen willst und strafen mußt, so laß mich allein die
Schuld tragen und nicht diejenigen, die mir lieb sind
und deren Hände rein sind von Blut."
Als Jan Östrik mit erhobenen Händen dieses Gebet
gesprochen hatte, fühlte er sich beruhigt, und mit rüstigen
Schritten eilte er nunmehr seiner Wohnung zu. Es
drängte ihn, aus dem Munde seines Weibes zu hören,
wie er sich ferner verhalten sollte. Kaum aber war er
fort, da regte es sich hinter dem Steinhaufen, der in der
Nähe des Kreuzes lag, und in dem Halbdunkel des Zwie¬
lichts tauchte die Gestalt eines Mannes auf. Vorsichtig
spähte er nach allen Seiten; dann sprang er rasch in das
dichte Unterholz des Waldes und eilte auf Umwegen nach
der Mühle an der Wierau. — —
Nachdem der Müller Velten am Morgen von dem
Herrn von Schledehausen verabschiedet worden war, stand
bei ihm der Entschluß fest, Jan Östrik zu beobachten und
zu belauschen aus Schritt und Tritt. Eine Art Instinkt,
der manchen Leuten eigen ist, sagte ihm, daß in dem
Leben des Fremdlings irgendein dunkler Punkt sein
müsse, den zu verbergen er, der Ritter, Ursache habe; um
so mehr wollte er es sich angelegen sein lassen, dies Ge¬
heimnis zu erforschen. Dazu trieb ihn nicht nur der
Haß gegen den Fremden, der ihn seines Ansehens bei
den Bauern und seiner einflußreichen Stellung beraubt
und ihm sein Diebshandwerk gelegt hatte, sondern auch
die Aussicht, seine Mühle als zinsfreies Lehen zu erhalten,
wenn es ihm gelang, den Verhaßten vor den Stuhl des
heimlichen Gerichts zu bringen. Schon am heutigen Tage
hatte er, wie er hoffte, den ersten Schritt zur Erreichung
dieses ersehnten Zieles getan. Er war dem Ritter heimlich