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ihnen eingekehrt sei, und der Abt ließ den Mann ver¬
wahren und machte dem Papste Meldung von dem Vorfall.
Und der heilige Vater befahl in erbarmender Liebe, daß
der Pilger in dem Kloster bleiben möge, und niemand
solle ihn dort behelligen. Und so blieb er dort, bis der
Tod seinem Leben ein Ende machte. Im Dome zu Pisa
ist er unter Deinem Namen begraben"' Jan Östrik
lächelte bitter. „Also in Pisa bin ich begraben," sagte
er, „und hier im deutschen Norden treibe ich mich ruhelos
umher! Das ist ein wunderbares Doppeldasein! O wäre
es wahr, und deckte mich der Grabstein in fernen Landen!"
Er schwieg eine Weile; dann fuhr er mit einem
tiefen Seufzer fort: „Leb' wohl, Mechtildis; habe Dank,
daß Du zu mir gekommen bist. Das Leben wird mir
leichter, nun ich weiß, daß Du mir verziehen hast. Wenn
Du kannst, so schließe mich ein in Dein Gebet, und
Gott möge Dich segnen für diesen letzten Liebesdienst."
Rasch hauchte er noch einen Kuß auf ihre weiße Hand,
und schnell trat er zurück in den Wald. Mechtildis aber*
nachdem sie noch einen langen Blick hinter ihm hergesandt,
erhob sich ebenfalls seufzend und kehrte auf demselben
Wege, den sie gekommen war, wieder nach Schledehausen
zurück.
Vollradt war, eingedenk des ihm erteilten Befehles,
leise seinem Herrn nachgefolgt, und hinter einem Baume
verborgen war er Zeuge seiner Unterredung mit der
Frau von Wart. Als nun Jan Östrik sich wieder heim¬
wärts wandte und auch Mechtildis den Rückweg antrat,
wartete er, bis beide sich entfernt hatten; alsdann wollte
auch er wieder zurückgehen. Zufällig aber blickte er
noch einmal nach dem Kreuze zurück; da sah er den
Müller, der schnell in das Dickicht sprang und im Walde
verschwand. Wie ein Blitz fuhr es Vollradt durch den
Sinn: „Der Kerl hat gelauscht!" und ohne sich lange
zu besinnen, eilte er hinter dem Schurken her. Aber es
war, als wenn die Erde den Müller verschlungen hätte;
so viel der treue Diener auch suchte, er fand ihn an
diesem Tage nicht wieder, und mißmutig kehrte er endlich