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zuziehen. Es gelang mit einiger Mühe, und ein Jubel- 
ruf empfing ihn, als er oben ankam und nun die beiden 
Kinder ihren Spielgenossen, freilich zitternd und mit dem 
einen Beine etwas hinkend, sonst aber doch heil und 
gesund in Empfang nahmen. 
Nachdem der Müller sich erholt hatte, sagte der 
Burgherr zn ihm: „Ich danke Dir, Velten; ich sehe, Du 
hast mehr Mut, als alle meine Leute zusammen; denn 
etwas Mut gehört doch wohl dazu, so allein in die Tiefe 
hinabzusteigen. Aber nun gehe in die Leuteküche unb 
sage ber Schafferin, daß sie Dir einen Imbiß gebe, unb 
bann komme zu mir herauf, benn ich sehe Dir's an, daß 
Du eine Nachricht für mich hast." „Gnädiger Herr", 
erwiderte der Müller, „eine Nachricht von höchster 
Wichtigkeit, und ich möchte sie Euch feinen Augenblick 
vorenthalten. Befehlt mir deshalb, sofort mit Euch zu 
kommen. Wenn ich Euch gesagt habe, was ich weiß, 
dann mache ich gern von Eurer Erlaubnis Gebrauch und 
lasse mir von der Jungfer Schafferin eine Schüssel 
Grütze auffüllen." Schweigend winkte der Nitter ihm zu 
folgen, und beide traten in das uns bereits bekannte 
Gemach. Der Ritter setzte sich in den geschnitzten Lehn¬ 
stuhl, der Müller blieb wiederum an der Tür stehen und 
wartete aus den Befehl zum Reden. 
„Nun, was ist's, das Du mir sagen willst?" fragte 
der Ritter. „Gewiß betrifft es den Jan Östrik. Hast Du 
etwas über ihn erfahren, so rede; aber ich will Dir 
gleich von Anfang an sagen, daß ich mir die Sache anders 
überlegt habe. Ich werde den Mann nicht vor den Stuhl 
des heimlichen Gerichtes bringen auf Grund einer An¬ 
klage von Dir. Ich könnte mich dabei gewaltig in die 
Nesseln legen, und dazu habe ich wenig Neigung." 
„Gnädiger Herr," erwiderte der Müller, „für das, was 
ich weiß, habe ich einen Zeugen, den Ihr gewiß nicht 
von der Hand weisen könnt, dessen Zeugnis Ihr unbedingt 
für wahr hatten werdet. Aber das sage ich Euch später. Höret 
zuerst, was ich über den Jan Ostrik erfahren habe; aber 
erschrecket nicht über das, was ich sage." Und im Flüster-
	        
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