Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Teil 3)

— 114 — 
Werbefreiheit entstand der Konkurrenzkampf, in dem manche er¬ 
schlaffte Kraft unterlag. Keine Reform geht eben für einzelne ohne 
Nachteile ab. Aber auf der Steiufchen Städteordnung beruht die 
großartige Entwicklung der Städte im 19. Jahrhundert. In 
ihnen wuchs wieder wie zur Zeit der Hanfe ein selbstbewußtes und 
arbeitsfreudiges Geschlecht heran, das bei der Hebung des deut¬ 
schen Wirtschaftslebens im 19. Jahrhundert in hervorragender Weise 
tätig gewesen ist. 
e) Das Heerwesen. 
Eine der durchgreifendsten Reformen endlich betraf die Armee. 
Auch daran nahm Stein lebhaften Anteil; die Seele derselben aber 
war Scharnhorst, der Sohn eines Landwirts im Hannoverschen. 
Wer den Mann in der unscheinbaren Kleidung und der nachlässigen 
Haltung einhergehen sah, ahnte nicht die Größe seines Geistes. 
Er war selbstlos und anspruchslos in allem, eine in sich gekehrte 
Natur, ein großer Schweiger ähnlich wie Moltke; aber in ihm 
lebte ein fester Wille, ein großer, immer schaffender Geist, eine 
hohe, edle Gesinnung. Längst genoß er als der Gelehrte und 
Schriftsteller unter den Offizieren einen anerkannten Ruf. Ihn 
berief der König, dessen Vertrauen er wie kein anderer besaß, 1807 
zum Vorsitzenden einer Kommission, die sich mit der Reorganisation 
des Heerwesens zu befassen hatte. Wohl begegnete er darin mit 
seinen Anschauungen dem starken Widerstande etlicher Mitglieder; 
aber zuletzt drang er mit seinen Reformvorschlägen doch durch. In 
Neidhart) von Gneifenan fand er einen trefflichen Mit¬ 
arbeiter. Außer diesem haben seine Ideen ganz besonders verwirk¬ 
lichen helfen der tapfere von Grolmann, Boyen, der die 
Heeresverfassung nach Scharnhorsts Tode weiter ausbaute, und 
Karl von Clansewitz, der gelehrte Militärschriftsteller. 
Das Reformwerk knüpfte an die Erfahrungen des Jahres 
1806 an. Nach strenger Untersuchung wurden die feigen und für 
schuldig befundenen Offiziere bestraft und ihrer Stellen enthoben 
und so die unfähigen Kommandeure aus dem Heere entfernt. 
Gleichzeitig kamen veraltete Einrichtungen in Wegfall. Die Sol¬ 
daten erhielten bessere Waffen und zweckmäßigere Kleidung. Der 
Zopf wurde ihnen genommen. Ein wesentlicher Fortschritt trat 
in der Behandlung der Soldaten ein. Gueiseuau warf die Frage 
auf, ob diese auch ferner den Trieb zur Pflichterfüllung im Holze 
statt im Ehrgefühl suchen wollten. Bald darauf — 1808 -- ge¬ 
währte eine königliche Verordnung die „Freiheit des Rückens";
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.