Full text: Vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Teil 3)

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fest wurde der unwürdige Schluß des ersten Tages, den die Mehr¬ 
zahl der Teilnehmer selbst verurteilte, als die wesentliche §and= 
lnng der ganzen Feier bezeichnet und als Staatsverbrechen auf¬ 
gebauscht, behauptete man doch sogar, daß sich unter den verbrannten 
Schriften die deutschen Buudesakte befunden hätten. Eine Flut von 
Beschwerden erhob sich, und die Höfe von Wien und Berlin schickten 
besondere Gesandte nach Weimar, um beim Großherzog Erkuudi- 
gungen einzuziehen. Dieser ließ sich jedoch durch die Mengen 
von Klagen nicht irre machen und bewahrte den Studenten seine 
Zuneigung. 
Niemandem waren die deutschen Vorkommnisse willkommener 
als Metternich, der längst auf eine Gelegenheit gewartet hatte, 
gegen den nationalen Geist in Deutschland einschreiten zu können. 
Im Herbst 1818 fand in Aachen ein Kongreß statt, eine der Zu¬ 
sammenkünfte, wie sie die heilige Allianz vorsah. Dabei beschäftigte 
man sich außer mit anderen Fragen auch mit der deutschen „De¬ 
magogie , und Metternich gelang es hier, den König von Preußen 
und auch Alexander von Rußland ganz für sich zu gewinnen und 
jenen besonders dahin zu beeinflussen, daß er den Gedanken einer 
Verfassung fallen ließ. So blieb das königliche Versprechen trotz 
mehrfacher Entwürfe für lange Zeit unerfüllt. Sands Tat be¬ 
nutzte dann Metternich zum Vorwand für strenge Polizeima߬ 
nahmen. Er wußte es dahin zu bringen, daß sich im Sommer 
1819 die Minister der deutschen Staaten wie zufällig bei ihrer 
Badekur in Karlsbad trafen, und dort wurden Beschlüsse ge¬ 
faßt, die die Einführung eines Spionier- und Polizeisystems be¬ 
zweckten und so alle Frühlingshoffnungen des deutschen Volkes 
ertöteten. Jedes freie Wort, jede freie Geistesregung wurde als 
staatsgefährlich angesehen. Mit rücksichtsloser Strenge ging man 
dagegen vor. Einen vernichtenden Schlag führte man gegen die 
11 niverfitäten, die man als die Herde der revolutionären 
Gesinnung ansah. Die Burschenschaft wurde verboten; demzufolge 
mußte sich auch die in ^enct, nachdem sie in letzter Versammlung 
noch einmal das Bundeslied „Sind wir vereint zur guten Stunde" 
gesungen hatte, auslösen. Erst nach und nach entstanden später 
aus stillen Vereinigungen wieder geschlossene Studentenverbin¬ 
dungen. Die Lehre und die Lehrer an den Hochschulen wurden 
streng überwacht und verschiedene Professoren ihres Amtes ent¬ 
setzt. Schon die Verehrung, die ihnen die Studenten entgegen¬ 
brachten, war zuweilen hinreichend, um Verdacht zu hegeu. Arndt, 
Pätzold, Lehrbuch der Geschichte. III. Teil. in
	        
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