110. Die Schlacht bei Roßbach.
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hatte man gewaltige Zubereitungen gemacht, um die bewaffneten, hohen Gäste
wohl zu bewirten. Es war eben Mittagszeit; die Tafeln waren gedeckt, und
die Franzosen zeigten den besten Appetit, als der preußische General Seydlitz
mit 1500 Reitern vor den Thoren der Stadt erschien. Die 8000 Franzosen
dachten an keinen Widerstand; sie verließen die rauchenden Schüsseln und
eilten aus der Stadt. Seydlitz konnte an die Verfolgung der Feinde nicht
denken. Nur wenige Soldaten von den Franzosen wurden zu Gefangenen
gemacht, aber desto mehr Kammerdiener, Köche, Haarkünstler, Komödianten
u. s. w., die von einer französischen Armee unzertrennlich waren. Die Reise¬
gerätschaften vieler Generale fielen den Preußen in die Hände, worunter man
ganze Kisten von wohlriechenden Wassern und Pomaden, desgleichen eine
Menge Pudermäutel, Haarbeutel, Sonnenschirme, Schlafröcke und Papageien
fand. Seydlitz überließ seinen Husaren diese Beute. Den Troß aber schickte
er ohne Lösegeld zurück.
110, Die «Schlucht bei Rotzbach (5. November 1757).
Archenholtz berichtet darüber:
Friedrich und Seydlitz trafen das feindliche Heer bei dem Dorfe Roßbach.
Den 60000 Frauzoseu und Reichstruppen konnten nur 22 000 Mann entgegen
gestellt werden. Die Hoffnung der Franzosen war nicht bloß, Friedrich zu
schlagen, sondern seine ganze Armee aufzuheben. Man warf im französischen
Lager die Frage auf, ob es auch Ehre bringe, sich mit einem so kleinen
Haufen zu schlagen. Nie war ein kriegerischer Eigeudüukel lächerlicher, uud
uie wurde er besser bestraft.
Es war am 5. November. Der König lockte die Franzosen durch eine
zurückziehende Bewegung ans ihrer vorteilhaften Stellung. Sie glaubten, er
suche sich aus ihren Händen zu retten, und bemühten sich daher, ihm in den
Rücken zu kommen. Friedrich, der sich wieder gelagert hatte, verließ sich auf
die Geschwindigkeit, womit seine Truppen in Schlachtordnung gestellt werden
konnten. Er sah daher den Bewegungen der Feinde gelassen zu und ließ seine
Linien nicht einmal ausrücken. Das preußische Lager stand unbeweglich, und
da es eben Mittagszeit war, waren die Soldaten mit ihren Mahlzeiten be¬
schäftigt.
Die Franzosen, die dies in der Ferne sahen, konnten ihren Sinnen kaum
trauen; sie hielten es für dumpfe Verzweiflung, in der man selbst auf alle
Verteidigung Verzicht leistet.
Da kam der General Seydlitz mit der preußischen Reiterei auf einmal
hinter einem Hügel hervor und stürzte wie ein Donnerwetter aus den hoffnungs¬
trunkenen Feind los. Die leichte preußische Reiterei wars die schwere fran¬
zösische über ben Haufen.
Während dessen rückte das preußische Fußvolk plötzlich in Schlachtordnung
vor und überschüttete die Franzosen mit einem entsetzlichen Kanonenfeuer. Sie
wurden mit leichter Mühe auseinander gesprengt,- und nichts blieb ihnen übrig,
als eine allgemeine Flucht. Die Franzosen sowohl als die Reichsvölker warfen
ihre Gewehre weg, um sich desto geschwinder retten zu können. Nur einige