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47. Das Fest in Mainz.
fanben, bie bnrchweg mit Querstangen versehen waren. Diese Häuser waren
von unten bis oben mit Hähnen ober Hennen angefüllt, so baß kein Blick
bnrch sie hinburchzubringen vermochte, zur größten Verwunberung vieler,
welche kaum geglaubt hatten, baß soviel Hühner in allen Sänbern überhaupt
vorhanben wären. Wohl beburfte man so gewaltiger Vorräte, benn brei
Tage lang sollte bie Masse ber Fürsten unb (Men, ber Einheimischen unb
Fremben als Gäste bes Kaisers bewirtet werben. Hub welche Menfchenmaffen
waren außer ben gelabenen Gästen noch zu erwarten! Fahrenbe Sänger unb
Dichter, Spielleute unb Gaukler würben burch bie Festlichkeiten ans weiter
Ferne herbeigelockt, in ber Hoffnung, von ber Freigebigkeit bes Kaisers unb
ber Fürsten reichen Gewinn zu haben. Auf stebzigtauseub schätzte man bie
Zahl ber Ritter unb Krieger, uub bazu kam noch bas Heer ber Geistlichen
unb ber Leute nieberen Staubes.
Am ersten Pfingstfeiertage schritt Kaiser Friebrich mit seiner Gemahlin
Beatrix im Schmucke bes kaiserlichen Stirnreifes in feierlicher Prozession unb
geleitet von einem glänzenben Gefolge zu ber in ber Mitte bes Lagers er¬
richteten Kirche. Mit ber königlichen Krone auf bem Haupte folgte ihnen
König Heinrich. In ebenso stattlicher Prozession verließen sie auch nach ber
Messe bie Kirche. Glänzenbe Gastmähler schlossen ben ersten Festtag, wobei
ben Dienst bes Munbschenken unb bes Truchseß, bes Marschalls unb bes
Kämmerers bie Fürsten bes Reiches in eigener Person bei bem Kaiser
versahen. Am folgenben Tage fanben nach ber Frühmesse glänzenbe Ritter-
spiele unb Waffenübungen statt, bei welchen bes Kaisers Söhne, König Hein¬
rich unb Herzog Friebrich von Schwaben, ihre Geioanbtheit in ber Führung
ber Waffen bewiesen. Bei 20000 Ritter wetteiferten ba nicht bloß in
allen ritterlichen Künsten, sonbent auch in Kostbarkeit ber Rüstung, Glanz ber
Waffen unb in Schönheit ber Rosse. Kaiser Friebrich selbst erschien in ihrer
Mitte unb nahm an ihren Kämpfen teil. Als bas glänzenbe Schauspiel be-
enbet war, würben bes Kaisers Söhne feierlich mit bem Schwerte umgürtet
uub zu Rittern geschlagen. Unb zur Feier bes frohen Ereignisses ließen sie
bann ben in Scharen zusammengeströmten Dienstmannen, Sängern, Gauklern
unb armen Leuten Golb unb Silber, Pf erbe, Gewänber unb anbere Gaben
austeilen.
Unter ähnlichen Festlichkeiten verlief ber britte Tag; boch würbe an
biefem bie Freube burch einen traurigen Zwischenfall einigermaßen getrübt.
Gegen Abenb erhob sich plötzlich ein heftiger Wirbeltuinb, welcher bie inmitten
bes Lagers errichtete hölzerne Kirche, eine Anzahl anberer Gebäube unb eine
Menge von Zelten umstürzte. Dabei würben fünfzehn Menschen zerquetscht.
Am vierten Tage begann sich bie Menge nach allen Seiten hin zu zerstreuen,
unb mit ber Kunbe von ber Herrlichkeit zu Mainz erfüllte sogleich ber Ruhm
bes Kaisers Friebrich nicht nur bas ganze Deutschland, sonbent auch bie an¬
grenz enben Länber, Dichter unb Sänger priesen metteifernb bie Wonne bes
Mainzer Festes unb ben Ruhm bes Kaisers unb seiner Söhne.
Nach Arnolds von Lübeck Chronik, unter Heranziehung von Albert Richters Zu¬
sammenstellung.