Full text: Quellenbuch für den Geschichtsunterricht

296 Offener Brief Christians VIII. über die Erbfolge im dänischen Gesamtstaate. 
Unserer Untertanen unklare und irrige Vorstellungen über die Sukzessionsverhältnisse1 in 
der Monarchie herrschen, und daß diese Vorstellungen dazu benutzt werden, um Unruhe 
und Bekümmernis sür die Zukunft des gemeinsamen Vaterlandes sür den Fall hervor¬ 
zurufen, daß einst nach dem Ratschluß der Vorsehung Unseres Königlichen Hauses Mannes¬ 
stamm erlöschen sollte, wodurch zugleich eine bittere Stimmung unter den Bewohnern 
in den verschiedenen Landesteilen erzeugt und genährt wird. Wir haben es daher für 
Unsere landesväterliche Pflicht erkannt, durch eine zu dem Ende von Uns allerhöchst 
ernannte Kommission alle diese Erbverbältnisse betreffenden Akten und Dokumente, soweit 
dieselben haben zuwege gebracht werden können, prüfen und zugleich eine genaue und 
gründliche Untersuchung aller darauf bezüglichen Verhältnisse vornehmen zu lassen. 
Nachdem das Ergebnis dieser Untersuchung Uns in Unserm Geheimen Staatsrate 
alleruntertänigst vorgetragen und von Uns erwogen worden ist, haben Wir darin die 
volle Bekräftigung gefunden, daß gleicherweise wie über die Erbfolge in Unserm der Krone 
Dänemark durch Verträge erworbenen Herzogtum Lauenburg kein Zweifel obwaltet, so 
auch die gleiche Erbfolge des Königsgesetzes im Herzogtum Schleswig in Gemäßheit 
des Patentes vom 22. August 1721 und der darauf geleisteten Erbhuldigung, sowie 
endlich infolge der von England und Frankreich ausgestellten Garantieakte vom 14. Jumus 
und 23. Julius 1721 und der mit Rußland geschlossenen Verträge vom 22. April 1767 
und vom 1. Jumus 1773 in voller Kraft und Gültigkeit besteht. 
In der festen Überzeugung, daß dies auf Recht und Wahrheit begründet ist, und 
in der Überzeugung ferner, daß Wir es nicht länger hinaussetzen dürfen, den schädlichen 
Folgen entgegenzuwirken, welche die fortwährend selbst innerhalb der Monarchie ver¬ 
breiteten irrigen und falschen Ansichten über diese Verhältnisse hervorbringen, haben Wir 
Uns allerhöchst bewogen gefunden, rurch diesen Unsern offenen Brief Unfern sämtlichen 
getreuen Untertanen gegenüber die Überzeugung von dem allen Unfern Königlichen Erb- 
sukzessoren zuständigen Erbfolgerecht in das Herzogtum Schleswig auszusprechen, 
ein Recht, welches Wir und Unsere Nachfolger auf dem dänischen Thron aufrecht zu 
erhalten sür Unsere Pflicht und Unsern Beruf erachten werden. 
Dagegen hat die angestellte Untersuchung ergeben, daß mit Rücksicht auf einzelne 
Teile des Herzogtums Holstein Verhältnisse obwalten, welche Uns verhindern, Uns mit 
gleicher Bestimmtheit Über das Erbrecht Unserer sämtlichen Königlichen Erbsukzessoren au 
diesem Herzogtum auszusprechen. Während Wir indessen allen Unsern getreuen Unter¬ 
tanen, und namentlich denen im Herzogtum Holstein, die allergnädigste Versicherung erteilen, 
daß Unsere unablässigen Bestrebungen auch fernerhin darauf gerichtet sein werden, die 
zur Zeit vorhandenen Hindernisse zu beseitigen und die vollständige Anerkennung der 
Integrität des dänischen Gesamtstaates zuwege zu bringen, so daß die unter 
Unserm Zepter vereinigten Landesteile niemals voneinander getrennt werden, vielmehr 
für immer in ihren gegenwärtigen Verhältnissen und mit den einem jeden von ihnen 
zuständigen Rechten zusammenbleiben, so wollen Wir namentlich Unsern getreuen Unter¬ 
tanen im Herzogtum Schleswig hierdurch eröffnet haben, daß es nicht von Uns beabsichtigt 
wird, durch diesen Unsern offenen Brief der Selbständigkeit dieses Herzogtums, wie dieselbe 
bisher von Uns anerkannt worden ist, in irgend einer Weise zu nahe -zu treten oder 
irgend eine Veränderung in den sonstigen Verhältnissen vorzunehmen, welche gegenwärtig 
dasselbe mit dem Herzogtum Holstein verbinden, und wollen Wir vielmehr Unsere Zusage 
hiermit ausdrücklich wiederholen, daß Wir Unser Herzogtum Schleswig, wie bisher, so 
auch ferner im Besitz der ihm als einem zwar mit Unserer Monarchie unzer- 
1 Sukzession = Nachfolge.
	        
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