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derselbe [eine Reise nach Deutschland an, wo bei der herrschenden
großen Spannung die Gegenwart des Neichsoberhauptcs ein drins
gendes Bedürfniß war.
Noch in Bologna schrieb Karl einen Reichstag nach Augs¬
burg aus, zu welchem die protestantischen Fürsten und Stande
persönlich entboten wurden. Hier sollte, nach den Worten des
Ausschreibens, über den Zwiespalt in dem heiligen Glauben ver¬
handelt und eines Jeden Gutdünken und Meinung gehört und
erwogen werden. Der Churfürst von Sachsen, Johann der
Beständige, Bruder und Nachfolger Friedrich des Weisen,
befahl nun Luthern, sowie mehreren gelehrten Männern, einen
Inbegriff der evangelischen Lehre zu entwerfen und ihm denselben
auf seinem Schlöffe zu Torgau zu übergeben. Weil man die
Heftigkeit Luthers fürchtete, so ward die Ausführung dieses
Werkes dem sanftmüthigen Philipp Melanchthon übertragen, wel¬
cher es auch unter Beten und Wachen mit der strengsten Gewis¬
senhaftigkeit vollendete.
Am 3. April 1530 trat der Churfürst von Sachsen seine
Reise nach Augsburg an, verordnete aber vorher, daß alle Pre¬
diger seines Landes für den glücklichen Ausgang dieses Reichsta¬
ges Gott in ihren Kirchengebeten anrufen sollten. Luther beglei¬
tete seinen Fürsten bis Coburg, predigte vor demselben und
seinem Gefolge unterweges und namentlich am letztgenannten
Orte mehrmals; blieb jedoch, da er in der kaiserlichen Acht und
den Papisten sehr verhaßt war, auf den Rath seiner Beschützer
und Freunde, obgleich sehr ungern, hier zurück.
Im Gefolge des Churfürsten befanden sich der Churprinz von
Sachsen, Herzog Johann Friedrich, die Herzoge Franz
von Lüneburg und Wolfgang von Anhalt, welcher Letz¬
tere bekannte, er würde zu Köthen ein Kloster gebaut haben,
wenn ihm nicht auf feiner Romfahrt die grobe römische Büberei
selbst zu Gesicht gekommen, und ihm Gott nicht mit dem Gna-
denlichte feines Evangeliums zeitig entgegen gegangen wäre.
Zudem waren in der Begleitung siebzig Personen vom hohen
Adel, sieben Ritter, nebst vielen adeligen und gelehrten Rathen.
.— Am 2. Mai langte der Churfürst in Augsburg an. Bald
nach ihm folgten der Landgraf Philipp von Hessen, mit
Ernst, Grafen zu Henneberg; Philipp, Grafen zu Waldeck; Phi¬
lipp, Grafen zu Salms; Wilhelm, Grafen von Fürstenberg;