Full text: Quellenbuch für den Geschichtsunterricht

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Die Verfassung des Preußischen Staates. 
Art. 14. Die christliche Religion wird bei denjenigen Einrichtungen des Staates, 
welche mit der Religionsübung im Zusammenhange stehen, unbeschadet der im Art. 12 
gewährleisteten Religionsfreiheit zugrunde gelegt. 
Art. 15, 16 und 18, die bestimmten, daß die evangelische und die katholische Kirche, 
sowie jede andere Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbständig ordnen und ver¬ 
walten und ungehindert mit ihren Oberen verkehren können, wie auch, daß der Staat 
auf das Ernennnngs-, Vorschlags-, Wahl- und Bestätigungsrecht bei Besetzung kirchlicher 
Stellen verzichtet, wurden durch Gesetz vom 18. Juni 1875 aufgehoben. 
Art. 19. Die Einführung der Zivilehe erfolgt nach Maßgabe eines besonderen 
Gesetzes, welches auch die Führung der Zivilstandsregister regelt. 
Art. 20. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei. 
Art. 21. Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen genügend 
gesorgt werden. 
Eltern und deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder Pflegebefohlenen nicht 
ohne den Unterricht lassen, welcher für die öffentlichen Volksschulen vorgeschrieben ist. 
Art. 22. Unterricht zu erteilen und Unterrichtsanstalten zu gründen und zu leiten, 
steht jedem frei, wenn er feine sittliche, wissenschaftliche und technische Befähigung den 
betreffenden Staatsbehörden nachgewiesen hat. 
Art. 23. Alle öffentlichen und Privat-Unterrichts- und Erziehungsanstalten stehen 
unter der Aufsicht vom Staate ernannter Behörden. Die öffentlichen Lehrer haben die 
Rechte und Pflichten der Staatsdiener. 
Art. 24. Bei der Einrichtung der öffentlichen Volksschulen sind die konfessionellen 
Verhältnisse möglichst zu berücksichtigen. — Den religiösen Unterricht in der Volksschule 
leiten die betreffenden Religionsgesellschaften. 
Die Leitung der äußeren Angelegenheiten der Volksschule steht der Gemeinde zu. 
Der Staat stellt unter gesetzlich geordneter Beteiligung der Gemeinden aus der Zahl der 
Befähigten die Lehrer der öffentlichen Volksschulen an. 
Art. 25. Die Mittel zur Errichtung, Unterhaltung und Erweiterung der öffent¬ 
lichen Volksschulen werden von den Gemeinden und im Falle des nachgewiesenen Un¬ 
vermögens ergänzungsweise vom Staate aufgebracht. Die auf besonderen Rechtstiteln 
beruhenden Verpflichtungen Dritter bleiben bestehen. 
Der Staat gewährleistet demnach den Volksschullehrern ein festes, den Lokal¬ 
verhältnissen angemessenes Einkommen. 
In der öffentlichen Volksschule wird der Unterricht unentgeltlich erteilt. 
Art. 26. Ein besonderes Gesetz regelt das ganze Unterrichtstresett. 
Art. 27. Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche 
Darstellung feine Meinung frei zu äußern. 
Die Zensur darf nicht eingeführt werden, jede andere Beschränkung der Preßfreiheit 
nur im Wege der Gesetzgebung. 
Art. 28. Vergehen, welche durch Wort, Schrift oder bildliche Darstellung begangen 
werden, sind nach den allgemeinen Strafgesetzen zu bestrafen. 
Art. 29. Alle Preußen sind berechtigt, sich ohne vorgängige obrigkeitliche Erlaubnis 
friedlich und ohne Waffen in geschlossenen Räumen zu versammeln. 
Art. 30. Alle Preußen haben das Recht, sich zu solchen Zwecken, welche den 
Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, in Gesellschaften zu vereinigen. 
Art. 32. Das Petitionsrecht steht allen Preußen zu. Petitionen unter einem 
Gesamtnamen sind nur Behörden und Korporationen gestattet.
	        
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