4U Nithard: Die Straßburger Eide. 842.
Und als Karl gleiche Worte in romanischer Zunge geredet hatte,
schwur Ludwig als der ältere zuerst solches zu tun: »Pro deo amur et
pro Christian poblo et nostro commun salvament, dist di in
avant, in quant deus savir et podir me dunat, si salvaraeio
eist meon fradre Karlo, et in aiudha et in cadhuna cosa, si
cum om per dreit son fradra salvar dist, in o quid il mi altresi
fazet; et ab Ludher nul plaid numquam prindrai, qui meon
vol eist meon fradre Karle in damno sit.«1
Als Ludwig geendet hatte, schwur Karl dasselbe in (althoch-)deutscher
Zunge: »In Godes Minna ind in thes christianes solches ind unser
bedhero gealtnissi, fon thesemo dage frammordes, so fr am so
mir got gewizei indi mahd furgibit, so haldih thesan minan
bruodher, soso man mit rehtu sinan bruodher scal, in thiu thaz
er mig so soma duo; indi mit Ludheren in nohheiniu thing ne
gegango, the minan willon imo ce scadhen werhen.«
Der Eid aber, den beide Völker, ein jedes in seiner Sprache, leisteten,
lautete in romanischer Zunge folgendermaßen: »Si Lodhuvigs sagrament,
quae son fradre Karlo iurat, conservat, et Karins meos sendra
de suo part non los tanit, si io returnar non lint pois, ne io
ne neuls cui eo returnar int pois, in nulla aiudha contra Lod-
huwig nun li iver.« 2
An (althoch-)deutscher Sprache aber lautete er: »Oba Karl then
eid, then er sinemo bruodher Ludhuwige gesuor, geleistit, indi
Ludhuwig min herro then er imo gesuor, forbrihehit, ob ih
inan es irwenden ne mag, noh ih noh thero nohhein then ih
es irwenden mag, widhar Karle imo ce follusti ne wirdhit.«
Nachdem dies geschehen war, ging Ludwig über Speyer dem Rhein
folgend, Karl aber am Wasgau entlang über Weißenburg nach Worms.
1 Der Eid der Könige lautet: „Aus Liebe zu Gott und um des christlichen Volkes
und unser beider Heil willen will ich von diesem Tage an sürderhin, soweit (Sott mir
Wissen und Macht gibt, fiesen meinen Bruder halten, wie man feinen Bruder halten soll,
unter der Bedingung, daß er mir ein gleiches tut. Und mit Lothar werde ich keinen
Vergleich eingehen, der nach meinem Willen diesem meinem Bruder zum Schaden gereicht."
2 In neuhochdeutscher Sprache: „Wenn Ludwig diesen Eid, den er seinem Binder
Karl geschworen bat, halt, und Karl, mein Herr, was er geschworen, bricht, so will, wenn
ich ihn davon nicht abzubringen vermag, weder ich, noch wen ich sonst daran hindern
sann, wider Ludwig ihm darin Hilfe leisten."