Matthias von Neuenburg: Die Geißelbrüder in Straßburg. 1349. 83
Reiches, sobald einer zum Kaiser oder König erwählt wird von den Kur¬
fürsten des Reiches einmütig oder von der Mehrheit derselben, er sogleich
zufolge der bloßen Wahl als wahrhaftiger König und Kaiser der Römer zu
erachten und zu benennen ist, und daß demselben von allen Untergebenen des
Reiches gehorcht werden muß. Und die Gerechtsame des Reiches zu ver¬
walten und das übrige zu tun, was einem wahren Kaiser zusteht, hat er
volle Gewalt und bedarf nicht von seiten des Papstes oder des apostolischen
Stuhles oder irgend eines anderen der Genehmigung, Bestätigung, Gut¬
heißung oder Einwilligung. Und dieses setzen wir daher durch immerdar
gültiges Gesetz fest, daß der einmütig oder von der Mehrheit der Kurfürsten
zum Kaiser Erwählte infolge der bloßen Wahl von allen als wahrer und
gesetzmäßiger Kaiser zu erachten und zu benennen ist, und daß demselben
von allen Untergebenen des Reiches gehorcht werden muß, und daß er die
kaiserliche Verwaltung und Rechtsprechung und die Fülle kaiserlicher Gewalt
besitze. Und daß er diese besitze und innehabe, das sollen alle anerkennen
und es mit Festigkeit aussprechen. Wer aber gegen diese Erklärungen, Ver¬
ordnungen und Entscheidungen ober gegen etwas davon anderes zu versichern
oder zu sagen oder denen, die solches versichern oder sagen, beizustimmen
oder deren Aufträgen oder Briefen oder Vorschriften zu gehorchen sich unter¬
fängt, diesen entziehen wir von nun an alle Lehen, die sie vom Reiche in
Händen haben, und alle Gnaden, Gerichtsbarkeiten, Vorrechte und Befreiungen,
die von uns oder unseren Vorgängern ihnen gewährt worden, und erklären
sie für verlustig durch die bloße Tat und das Recht an und für sich. Über¬
dies verordnen wir, daß sie in das Verbrechen der Majestätsverletzung ver¬
fallen, und daß sie allen Strafen unterliegen, die denen auferlegt sind, welche
das Verbrechen der Majestätsverletzung begehen.
Gegeben in unserer Stadt Frankfurt am 6. August im Jahre des
Herrn 1338, im 23. unserer Regierung, im elften der Kaiserherrschaft."
30. Die Geißelbrüder in Straßburg. 1349.
Aus der Chronik des Matthias von fieuenburg.1
Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit. 2. Gesamtausgabe. Leipzig, Dyk. 84. Bd.
S. 179 und 193.
Kapitel 118. Von dem Anfange der Pest und des Geißelns
in Deutschland.
Als die Krankheit sich allmählich in Deutschland verbreitete, fingen die
1 Matthias entstammte einem patrizischen Geschlechte der Stadt Neuenburg im
Breisgau. Er studierte 1315—17 die Rechte auf der Universität zu Bologna und war
1327 Anwalt des geistlichen Gerichtshofes in Basel. Später trat er in den Dienst des
Bischofs von Straßburg und gewann als dessen juristischer Berater Einblick in das politische
Treiben seiner Zeit. Sein Todesjahr liegt zwischen 1355 und 1370. Die Chronik des
Matthias von Neuenburg beginnt mit Rudolf von Habsburg und endigt mit dem Jahre
1350; die von anderen herrührenden Fortsetzungen reichen bis 1378.