Metadata: Geschichte der Hellenen in neuen und alten Darstellungen (1)

Das Zeitalter Alexanders des Großen. 
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Ein berühmter Forscher hat Alexander den genialsten Staatsmann 
seiner Zeit genannt. Er war als Staatsmann, was Aristoteles als Denker, ^^xan- 
Der Denker konnte in der Stille und Abgezogenheit seines Geistes seinem Werk, 
philosophischen Systeme die ganze Geschlossenheit und Vollendung geben, die 
nur in der Welt der Gedanken möglich ist. Wenn das staatsmännische Werk 
Alexanders vorerst nur skizzenhaft und nicht ohne mannigfache Fehlgriffe int 
einzelnen, wenn die Art, wie er schuf, als persönliche Leidenschaft und Willkür- 
oder vom Zufall bestimmt erscheint, so dars man nicht vergessen, daß es die 
ersten, aus der Friktiou riesenhafter Verhältnisse hervorspringenden Gedanken 
sind, die ihm sofort und wie im Fluge zu Normen, Organisationen, Be¬ 
dingungen weitem Thuns werden, noch weniger verkennen, wie jeder dieser 
Gedankenblitze immer weitere Gesichtskreise erschloß und erhellte, immer heißere 
Friktionen schuf, immer drängendere Ausgaben stellte. 
Die Armseligkeit der auf uns gekommenen Überlieferungen versagt uns 
jeden Einblick in die Werkstatt dieser Thätigkeit, in die hochgespannte intellektuelle 
und moralische Arbeit dessen, der sich so unermeßliche Aufgaben stellte und 
sie löste. Kaum daß das, was uns noch vorliegt, das Äußerlichste von dem, 
was durch ihn geschehen, was zur Ausführung und Wirkung gelangt ist, 
fragmentarisch erkennen läßt. Fast nur in dem räumlichen Umfang dieser 
Geschehnisse geben sie uns ein Maß für die Kraft, die solche Wirkungen erzeugte, 
für den Willen, der sie leitete, für den Gedanken, dem sie entsprangen, eine 
Vorstellung von der Größe Alexanders. 
Mag der nächste Jmpnls seines Thuns gewesen sein, den großen Kamps 
hinausführend, den sein Vater vorbereitet hatte, dem Reich, das er sich eroberte, 
Sicherheit und Dauer zu geben, — mit dem glücklichen Radikalismus der 
Jugend ergriff oder erfand er sich zu diesem Zwecke Mittel, die seine Kriegs¬ 
züge au Kühnheit, seine Schlachten au Siegesgewalt übertrafen. 
Das Kühnste war, was ihm die Moralisten bis ans den heutigen Tag 
zum schwersten Vorwurf machen: er zerbrach das Werkzeug, mit dem er seine 
Arbeit begonnen hatte, oder will man lieber, er warf das Banner, unter dem 
er ausgezogen war, das, den stolzen Haß der Hellenen gegen die Barbaren zu 
sättigen, in den Abgrnnd, den seine Siege schließen sollten. 
In einer denkwürdigen Stelle bezeichnet Aristoteles als die Aufgabe 
seiner „Politik", diejenige Staatsform zu finden, welche nicht die an sich voll¬ 
kommenste, aber die brauchbarste sei: „welche also ist die beste Verfassung und 
das beste Leben sür die meisten Staaten und die meisten Menschen, loemt man 
an Tugend nicht mehr verlangt als das Maß der Durchschnittsmenschen, noch 
an Bildung mehr als ohne besondere Begünstigung der Natur und der Um¬ 
stände möglich ist, noch eine Verfassung, wie sie nur im Reich der Ideale 
liegen kann, sondern ein Leben, das mitzuleben, eine Verfassung, in der sich
	        
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