Full text: Belehrungen über wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen

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Neuntes Kapitel. 
ringschätzung des Bürgers; der Bauer dem Grundherrn preis¬ 
gegeben. Überhäufung der Mittelstände mit Steuern. Furchtbares 
Wachsen der Staatsschuld. In Frankreich Papiergeld (Law) und 
unsittliches wüstes Spekulieren. 
Darum trotz obengenannter Vorteile Endergebnis: 
Moralischer, finanzieller, politischer Bankerott. 
Schlufs: 
In Frankreich die Revolution, in Spanien vollständiger Ruin 
des Landes. (Louis XVI büfste die Sünden seiner Vorgänger.) 
In Europa führen England und Holland wider die französische 
Hegemonie das Prinzip des europäischen Gleichgewichts durch. 
sondern wesentlich nach „Angebot und Nachfrage“ und nach der Selten¬ 
heit der betreffenden Güter.) Unbedingte Freiheit verlangt. Der Staat 
überlasse alles der Thätigkeit des einzelnen. Freihandel. — Das erste 
dieser drei Systeme schädigt Ackerbau und Grofsgrundbesitzer und 
Bauernstand, das zweite umgekehrt die Industrie und den Handel, das 
dritte die Völker, welche höhere Produktionskosten (Bodenpreis, geringere 
Fruchtbarkeit, Arbeitslohn, Abgaben, Lebensweise, Transportverhältnisse, 
weiterer Weg bis zum Ausland) und eine erst im Entstehen oder Er¬ 
starken begriffene Industrie haben. Jedes Land ist eine Individualität 
für sich, das eine braucht Schutzzoll, ein anderes Freihandel, mehrere 
für Rohstoffe Freihandel, für die meisten Fabrikate Schutzzoll. Gewisse 
Güter, z. B. die wichtigsten Lebensmittel, eignen sich selten recht zu 
hoher Schutzzollbelastung. Um nun für Einfuhr und Ausfuhr des 
Landes möglichst Vorteile za gewinnen, schliefst man Handelsverträge. 
(Vgl. den deutsch-russischen Handelsvertrag vom Jahre 1892 auf 12 Jahre.) 
Man bemüht sich dabei, für den eigenen Export die billigsten (oder gar 
keine) Einfuhrzölle an der fremden Grenze und für den Import aus¬ 
ländischer Waren einen hohen Zollsatz zu erreichen. Je nach dem aus 
solchen Festsetzungen erspriefsenden Geschäftsvorteil sind da oftmals in 
ein und demselben Lande die einen für freie, die ändern für geschützte 
Öffnung des heimischen Marktes. (Der Kornproduzent wünscht hohe 
Roggenzölle an der deutschen Grenze, der Industrielle und der städtische 
Arbeiter gar keine.) Der Staatsmann mufs darauf bedacht sein, dafs 
kein Erwerbszweig auf Kosten des ändern Vorteile erhält, es sei denn, 
dass es die allgemeine Wohlfahrt dringend gebietet. 
Zu Export und Import: 
Deutsches 
Reich 
1 
Frankreich 
1 
England 
Italien 
Österreich- 
Ungarn 
Rufsland 
Union 
Jährlicher Gesamtexport 
64,9 
76,1 
165,2 
25,3 
29,1 
16,4 
52,7 
,, Gesamtimport 
(auf den Kopf der Be¬ 
völkerung in Mark). 
82,7 
87,9 
225,1 
37,3 
29,0 
8,1 
48,9
	        
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