Die Hohenzollern u. ihre Fürsorge f. d. allg. Wohlfahrt. 349
Verfassung von dem Könige und den Kammern feierlich beschworen.
— Die ändern deutschen Bundesstaaten sind aufser Mecklenburg
sämtlich in Besitz einer modernen Verfassung.
3. Die nationale Frage.
Infolge des Druckes und der Mifsachtung, die die Völker
durch Napoleon erfuhren, verstärkte sich bei den meisten euro¬
päischen Nationen das Nationalgefühl. Endlich erwachte es auch
in Deutschland.Die Burschenschafter, viele Universitätsprofessoren
und andere Gelehrte, sowie die Romantiker fachten es an. Man
wollte die Einheit des deutschen Volkes wiederherstellen. Mächtig
loderte 1848 die Flamme nationaler Begeisterung empor, aber „die
Raben flogen noch immer um den Berg“. Die Herstellung der
Einheit war, da im neunzehnten Jahrhundert nur noch grofse, starke,
geeinte Völker ihr Dasein und ihre Unabhängigkeit zu behaupten
vermögen, eine unabweisbare politische Notwendigkeit. Andernfalls
hatte man das Schicksal Polens zu erwarten: Schon 1829 hatten
sich Nikolai I von Rufsland, des preufsischen Königs Schwieger¬
sohn, und Karl X von Frankreich verabredet, einstweilen °die
Länder östlich von der Weichsel und westlich vom Rhein zu er¬
obern. Die polnische Revolution und der Juliaufstand zu Paris
hinderten die Verbündeten, ihre Absichten auszuführen.
Endlich erlangten die noch übrigen Stämme des deutschen
Volkes durch Bismarcks geniale Politik 1871 die Reichseinheit
unter Preufsens Führung.
Umringt von mächtigen Militärstaaten, fortwährend bedroht
von der unruhigen, teilweise chauvinistischen, durch falsche ge¬
schichtliche Belehrung irrigen Forderungen und Hoffnungen zu-
gethanen französischen Nation, sowie von dem eroberungslustigen
Panslavismus, kann sich das deutsche Volk, dessen Grenzen fast
sämtlich offen sind, niemals völlig ruhigem Genufs und friedlicher
Arbeit hingeben, vielmehr mufs es, so lange die Völker noch zum
Schwerte greifen, durch angestrengteste Thätigkeit seine sittlichen,
geistigen und materiellen Kräfte mehren und stählen, sich damit
seine Stellung stets von neuem verdienen und jederzeit imstande
und gewillt sein, seine Existenz mit gewaffneter Hand zu sichern.
. Seine Friedfertigkeit hat es bewiesen, niemals hat es seit
seiner neuen Einigung Krieg begonnen.
L. M. Arndt: „Als Österreich und Preufsen nach vergeb¬
lichen Kämpfen gefallen waren, da erst fing mein Herz an, sie °und
Deutschland mit rechter Liebe zu lieben und die Welschen mit rechtem
treuem Zorn zu hassen. Als Deutschland durch seine Zwietracht Nichts
mehr war, umfafste mein Herz seine Einheit und Einigkeit.“