Einiges a. d. preufs. u. d. deutsch. Verfassungsurkunde. 369
Wir, nachdem die von Uns unterm 5. Dezember 1848 vorbehalt¬
lich der Revision im ordentlichen Wege der Gesetzgebung ver¬
kündigte und von beiden Kammern Unseres Königreiches aner¬
kannte Verfassung des Preufsischen Staats der darin angeordneten
Revision unterworfen ist, die Verfassung in Übereinstimmung mit
beiden Kammern endgültig festgestellt haben.
Wir verkünden demnach dieselbe als Staatsgrundgesetz,
wie folgt:
Titel I. Vom Staatsgebiete.
Art. 1. Alle Landesteile der Monarchie in ihrem gegenwärtigen
Umfange bilden das preufsische Staatsgebiet.
Art. 2. Die Grenzen dieses Staatsgebiets können nur durch
ein Gesetz verändert werden.1)
Titel II. Von den Rechten der Preufsen.
Art. 3. Die Verfassung und das Gesetz bestimmen, unter
welchen Bedingungen die Eigenschaft eines Preufsen und die
staatsbürgerlichen Rechte erworben, ausgeübt und verloren werden.
Art. 4. Alle Preufsen sind vor dem Gesetze gleich. Standes¬
vorrechte finden nicht statt.2) Die öffentlichen Ämter sind, unter
Einhaltung der von den Gesetzen festgestellten Bedingungen, für
alle dazu Befähigten gleich zugänglich.
Art. 5. Die persönliche Freiheit ist gewährleistet. Die Be-
dingungen und Formen, unter welchen eine Beschränkung der¬
selben, insbesondere eine Verhaftung zulässig ist, werden durch
das Gesetz bestimmt.
Art. 6. Die Wohnung ist unverletzlich. Das Eindringen in
dieselbe und Haussuchungen, sowie die Beschlagnahme von Briefen
und Papieren sind nur in den gesetzlich bestimmten Fällen und
Formen gestattet.
Art. 7. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen
werden. Ausnahmegerichte und aufserordentliche Kommissionen
sind unstatthaft.3)
Art. 8. Strafen können nur in Gemäfsheit des Gesetzes an¬
gedroht oder verhängt werden.
1) So kamen hinzu durch Gesetz die Fürstentümer Hohenzollern
1850, das Jadegebiet 1854, die Errungenschaften des Krieges 1866,
Laaenburg 1876. 2) Eine Ausnahme bilden die im Artikel 53 aufrecht
erhaltenen Hohenzollernschen Hausgesetze. 3) Art. 7 ist ersetzt durch
A. 16 des Gerichtsverfassungsgesetzes: Ausnahmegerichte sind
unstatthaft. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
Die gesetzlichen Bestimmungen über Kriegsgerichte und Standrechte
werden hiervon nicht berührt.
Schenk, Belehrungen. 24