Rom.
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sorgen — so trieb das Schiff ungehindert in die Brandung hinein.
— Seit der kleine Grundbesitz keinen wesentlichen Reinertrag
mehr lieferte, war die Bauerschaft rettungslos verloren, und um
so mehr, als allmählich auch aus ihr, wenn gleich langsamer als
aus den übrigen Ständen, die sittliche Haltung und sparsame
Wirtschaft der früheren republikanischen Zeit entwich. Es war
nur noch eine Zeitfrage, wie rasch die italischen Bauerhufen
durch Aufkäufen und Niederlegen in den gröfseren Grundbesitz
aufgehen würden. — Eher als der Bauer war der Gutsbesitzer
im stande sich zu behaupten. Derselbe produzierte an sich schon
billiger als jener, wenn er sein Land nicht nach dem älteren
System an kleinere Zeitpächter abgab, sondern es nach dem neueren
durch seine Knechte bewirtschaften liefs; wo dies also nicht schon
früher geschehen war, zwang die Konkurrenz des sizilischen Sklaven¬
korns den italischen Gutsherrn zu folgen und anstatt mit freien
Arbeiterfamilien mit Sklaven ohne Weib und Kind zu wirtschaften.
Es konnte der Gutsbesitzer ferner sich eher durch Steigerung oder
auch durch Änderung der Kultur den Konkurrenten gegenüber
halten und eher auch mit einer geringeren Bodenrente sich be¬
gnügen als der Bauer, dem Kapital wie Intelligenz mangelten und
der nur eben hatte, was er brauchte, um zu leben. Hierauf be¬
ruht in der römischen Gutswirtschaft das Zurücktreten des Ge¬
treidebaus, der vielfach sich auf die Gewinnung der für das
Arbeiterpersonal erforderlichen Quantität beschränkt zu haben
scheint1), und die Steigerung der Öl- und Weinproduktion so wie
der Viehzucht. Diese hatten bei den günstigen klimatischen Ver¬
hältnissen Italiens die ausländische Konkurrenz nicht zu fürchten:
der italische Wein, das italische Ö], die italische Wolle beherrschten
nicht blofs die eigenen Märkte, sondern gingen bald auch ins
Ausland; das Pothal, das sein Getreide nicht abzusetzen vermochte,
versorgte halb Italien mit Schweinen und Schinken. Dazu stimmt
recht wohl, was uns über die ökonomischen Resultate der römi¬
schen Bodenwirtschaft berichtet wird. Es ist einiger Grund zu
1) Darum nennt Cato die beiden Güter, die er schildert, kurzweg
Olivenpflanzung (olivetum) und Weinberg (vinea), obwohl darauf keines¬
wegs blofs Wein und Öl, sondern auch Getreide und anderes mehr ge¬
baut ward. Wären freilich die 800 culei, auf die der Besitzer des Wein¬
bergs angewiesen wird, sich mit Fässern zu versehen, das Maximum
einer Jahresernte, so müfsten alle 100 Morgen mit Reben bepflanzt ge¬
wesen sein, da der Ertrag von 8 culei für den Morgen schon ein fast
unerhörter war (Colum. 3, 3); allein Varro (1, 22) verstand, und offenbar
mit Recht, die Angabe dahin, dafs der Weinbergbesitzer in den Fall
kommen kann die neue Lese einthun zu müssen, bevor die alte ver¬
kauft ist.
Verfall
der Bauer¬
schaft.
Öl- und
Weinbau
und Vieh¬
zucht.