Full text: Belehrungen über wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen

Rom. 
79 
die Betreibung einer jeden Wirtschaftsgattung unter den ihr an¬ 
gemessenen Verhältnissen und auf ihrem naturgemäfsen Boden 
vorausgesetzt. Diese Verhältnisse reichten an sich schon aus, um 
allmählich an die Stelle der Bauernwirtschaft überall die Grofs- 
wirtschaft zu setzen; und auf dem Wege der Gesetzgebung ihnen 
entgegenzuwirken war schwer. Aber arg war es, dafs man durch 
das später noch zu erwähnende claudische Gesetz (kurz vor 536) 21s 
die senatorisclien Häuser von der Spekulation ausschlofs und 
dadurch deren ungeheure Kapitalien künstlich zwang vorzugsweise 
in Grund und Boden sich anzulegen, das heifst die alten Bauer¬ 
stellen durch Meierhöfe und Viehweiden zu ersetzen. Es kamen 
ferner der dem Staat weit nachteiligeren Viehwirtschaft, gegenüber 
dem Gutsbetrieb, noch besondere Förderungen zu statten. Einmal 
entsprach sie als die einzige Art der Bodennutzung, welche in 
der That den Betrieb im grofsen erheischte und lohnte, allein der 
Kapitalienmasse und dem Kapitalistensinn dieser Zeit. Die Guts¬ 
wirtschaft forderte zwar nicht die dauernde Anwesenheit des Herrn 
auf dem Gut, aber doch sein häufiges Erscheinen daselbst und 
gestattete die Erweiterung der Güter nicht wohl und die Verviel¬ 
fältigung des Besitzes nur iu beschränkten Grenzen; wogegen das 
Weidegut sich unbegrenzt ausdehnen liefs und den Eigentümer 
wenig in Anspruch nahm. Aus diesem Grunde fing man schon 
an, gutes Ackerland selbst mit ökonomischem Verlust in Weide 
zu verwandeln — was die Gesetzgebung freilich, wir wissen nicht 
wann, vielleicht um diese Zeit, aber schwerlich mit Erfolg unter¬ 
sagte. Dazu kamen die Folgen der Domänenokkupation. Durch 
dieselbe entstanden nicht blofs, da regelmäfsig in gröfseren Stücken 
okkupiert ward, ausschliefslich grofse Güter, sondern es scheuten 
sich auch die Besitzer in diesen auf beliebigen Widerruf stehenden 
und rechtlich immer unsicheren Besitz bedeutende Bestellungskosten 
zu stecken, namentlich Reben und Ölbäume zu pflanzen; wovon 
denn die Folge war, dafs man diese Ländereien vorwiegend als 
Viehweide nutzte. 
Von der römischen Geldwirtschaft in ähnlicher Weise eine Geldwirt~ 
in absteigender Reihe: 1) Weinberg; 2) Gemüsegarten; 3) Weidenbusch, 
der infolge der Rebenkultur hohen Ertrag abwarf; 4) Olivenpflanzung; 
5) Wiese zur Heugewinnung; 6) Kornfeld; 7) Busch; 8) Schlagforst; 
9) Eichenwald zur Viehfütterung — welche neun Bestandteile in dem 
Wirtschaftsplan der catonischen Mustergüter sämtlich wiederkehren. — 
Von dem höheren Reinertrag des Weinbaues gegenüber dem Kornbau 
zeugt auch, dafs nach dem im Jahre 637 zwischen der Stadt Genua und 117 
den ihr zinspflichtigen Dörfern ausgefällten Schiedsspruch die Stadt von 
dem Wein den Sechsten, von dem Getreide den Zwanzigsten als Erb- 
zins empfängt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.