Rom.
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die Betreibung einer jeden Wirtschaftsgattung unter den ihr an¬
gemessenen Verhältnissen und auf ihrem naturgemäfsen Boden
vorausgesetzt. Diese Verhältnisse reichten an sich schon aus, um
allmählich an die Stelle der Bauernwirtschaft überall die Grofs-
wirtschaft zu setzen; und auf dem Wege der Gesetzgebung ihnen
entgegenzuwirken war schwer. Aber arg war es, dafs man durch
das später noch zu erwähnende claudische Gesetz (kurz vor 536) 21s
die senatorisclien Häuser von der Spekulation ausschlofs und
dadurch deren ungeheure Kapitalien künstlich zwang vorzugsweise
in Grund und Boden sich anzulegen, das heifst die alten Bauer¬
stellen durch Meierhöfe und Viehweiden zu ersetzen. Es kamen
ferner der dem Staat weit nachteiligeren Viehwirtschaft, gegenüber
dem Gutsbetrieb, noch besondere Förderungen zu statten. Einmal
entsprach sie als die einzige Art der Bodennutzung, welche in
der That den Betrieb im grofsen erheischte und lohnte, allein der
Kapitalienmasse und dem Kapitalistensinn dieser Zeit. Die Guts¬
wirtschaft forderte zwar nicht die dauernde Anwesenheit des Herrn
auf dem Gut, aber doch sein häufiges Erscheinen daselbst und
gestattete die Erweiterung der Güter nicht wohl und die Verviel¬
fältigung des Besitzes nur iu beschränkten Grenzen; wogegen das
Weidegut sich unbegrenzt ausdehnen liefs und den Eigentümer
wenig in Anspruch nahm. Aus diesem Grunde fing man schon
an, gutes Ackerland selbst mit ökonomischem Verlust in Weide
zu verwandeln — was die Gesetzgebung freilich, wir wissen nicht
wann, vielleicht um diese Zeit, aber schwerlich mit Erfolg unter¬
sagte. Dazu kamen die Folgen der Domänenokkupation. Durch
dieselbe entstanden nicht blofs, da regelmäfsig in gröfseren Stücken
okkupiert ward, ausschliefslich grofse Güter, sondern es scheuten
sich auch die Besitzer in diesen auf beliebigen Widerruf stehenden
und rechtlich immer unsicheren Besitz bedeutende Bestellungskosten
zu stecken, namentlich Reben und Ölbäume zu pflanzen; wovon
denn die Folge war, dafs man diese Ländereien vorwiegend als
Viehweide nutzte.
Von der römischen Geldwirtschaft in ähnlicher Weise eine Geldwirt~
in absteigender Reihe: 1) Weinberg; 2) Gemüsegarten; 3) Weidenbusch,
der infolge der Rebenkultur hohen Ertrag abwarf; 4) Olivenpflanzung;
5) Wiese zur Heugewinnung; 6) Kornfeld; 7) Busch; 8) Schlagforst;
9) Eichenwald zur Viehfütterung — welche neun Bestandteile in dem
Wirtschaftsplan der catonischen Mustergüter sämtlich wiederkehren. —
Von dem höheren Reinertrag des Weinbaues gegenüber dem Kornbau
zeugt auch, dafs nach dem im Jahre 637 zwischen der Stadt Genua und 117
den ihr zinspflichtigen Dörfern ausgefällten Schiedsspruch die Stadt von
dem Wein den Sechsten, von dem Getreide den Zwanzigsten als Erb-
zins empfängt.