Full text: Deutscher Aufstieg 1750 - 1914

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eine eigenartige Nervosität (Vapeurs); sie werden, gegen¬ 
über der Isolierung der Persönlichkeiten im Rationalismus, 
höchst aktuell und in ihrem Empfindungsleben weittragend: 
überaus belebte Verkehrsformen, Freundschaftsbünde, Freund¬ 
schaftstempel usw. Wie tmmer'irToTchm Zeiten wachst ganz 
allgemein das Interesse am Menschen und von Mensch zu 
Mensch; diesmal zeigt sich das in der ersten Entwicklung einer empi- 
rischen Psychologie, während die Lehre vom Seelenleben bis 
dahin einen Teil der Metaphysik gebildet hatte und in ihren 
Hauptsätzen aus den Spekulationen dieser abgeleitet worden 
war: Creuzens Versuch über die Seele 1754; zahlreiche Zeit¬ 
schriften für die Mitteilung seelischer Erfahrungen. Unmittel¬ 
barste Ergebnisse dieser Wandlung: seelische Überbrückung 
des bisher trennenden Raumes (enormer brieflicher Verkehr, 
vieles Reisen, persönliche Beziehungen einzelner Personen der 
Bewegung durch ganz Deutschland) und seelische Überbrückung 
der Zeit (Entfaltung des geschichtlichen Sinnes, leise An¬ 
fänge kulturgeschichtlicher Vorstellungen, systematisch zuerst bei 
Herder und Goethe). 
Dies alles sind Änfänge des Seelenlebens der neuen Zeit. 
Bald führen sie, mit starken nervösen Erregungen verknüpft, 
in einzelnen Kreisen und Personen zu förmlichen seelischen 
Exzessen:^die Originalgenies des Sturmes^ und Dranges. 
An neuen Kulturerscheinungen war die Zeit natürlich 
unendlich reich: denn das ganze Seelenleben erfuhr eine Um¬ 
wälzung im Sinne der Fortbildung über die Kulturerschei¬ 
nungen des 16. bis 18. Jahrhunderts hinaus. Besonders 
hervor trat dabei zunächst jede Art der^Nantasietätigkeit, vor 
allem die Dichtung und fast noch früher, wenn man die Vor¬ 
stufe milreHnet, die^Musik; etwas zurück blieb die bildende 
Kunst, deren Erzeugnisse zu bestreiten und insoweit zu för¬ 
dern die Gesellschaft der Empfindsamkeit und des Sturmes 
und Dranges zumeist materiell nicht in der Lage war. In
	        
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