Full text: Quellenbuch zur Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts für höhere Lehranstalten

Bismarcks Ziele in der inneren Politik. Der nationale Gedanle. 145 
der Regierungen und auch gegen ihren Willen; denn, meine Herren, eine 
Regierung, welche nicht stark genug ist, um den Volksleidenschaften und 
den Parteibestrebungen entgegenzutreten, — eine schwache Regierung ist 
eine dauernde Kriegsgefahr. Ich glaube, daß man den Wert und den 
Segen einer starken Regierung nicht hoch genug anschlagen kann. Nur 
eine starke Regierung kann heilsame Reformen durchführen, nur eine 
starke Regierung kann den Frieden verbürgen. 
Meine Herren, wenn der Krieg, der jetzt schon mehr als zehn Jahre 
lang wie ein Damoklesschwert über unsern Häuptern schwebt, — wenn 
dieser Krieg zum Ausbruch kommt, so ist seine Dauer und sein Ende nicht 
abzusehen. Es sind die größten Mächte Europas, welche, gerüstet wie 
nie zuvor, gegeneinander in den Krieg treten; keine derselben kann in 
einem oder in zwei Feldzügen so vollständig niedergeworfen werden, daß 
sie sich für überwunden erklärte, daß sie auf harte Bedingungen hin Frieden 
schließen müßte, daß sie sich nicht wieder aufrichten sollte, wenn auch erst 
nach Jahresfrist, um den Kampf zu erneuern. Meine Herren, es kann 
ein siebenjähriger, es kann ein dreißigjähriger Krieg werden, — und 
wehe dem, der Europa in Brand steckt, der zuerst die Lunte in das 
Pulverfaß schleudert! . . . 
2. Bismarcks Ziele in der inneren Politik. Der nationale Gedanke. 
a) Aus Bismarcks Rede vom 9. Juli 1879: Seine poli¬ 
tischen Ziele und seine Stellung zur Verfassung. 
Ich habe, seit ich Minister bin, nie einer Fraktion angehört, auch 
nicht angehören wollen, ich bin successive von allen gehaßt, von einigen 
geliebt worden. Es ist das ä tour de röle x) herumgegangen. Als ich 
zuerst im Jahre 1862 das preußische Ministerpräsidium übernahm, da ist 
in aller Angedenken, bis zu welcher — ich kann wohl sagen — vater¬ 
landsfeindlichen Höhe sich der Haß mir gegenüber verkörperte, und bis 
zu gewissem Maße auch gegen die höheren' Einflüsse, die mich auf dem 
Posten erhielten. Ich habe mich dadurch nicht beirren lassen und auch nie 
versucht, mich dafür zu rächen; ich habe von Anfang meiner Carriere an 
nur den einzigen Leitstern gehabt: durch welche Mittel und durch welche 
Wege kann ich Deutschland zu einer Einigung bringen, und, soweit 
dies erreicht ist, wie kann ich diese Einigung befestigen, fördern und 
so gestalten, daß sie aus freiem Willen aller Mitwirkenden dauernd 
erhalten wird. Zu diesen Mitwirkenden rechne ich aber auch die 
Regierungen und halte es für Deutschland für einen ganz außerordentlich 
großen Vorzug, daß das dynastische Element auch außerhalb Preußens eine 
Gewalt hat, im Vergleich mit anderen Ländern unitarischer Verfassung, 
Neubau et. Guelscnbacf). ,,,
	        
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