Full text: Quellenbuch zur Geschichte des neunzehnten Jahrhunderts für höhere Lehranstalten

Aus den Berliner Märztagen. 71 
c) Aus einer Proklamation Friedrich Wilhelms IV., 
am Abend d e s 21. März. 
. . . Deutschland ist von innerer Gährung ergriffen und sann durch 
äußere Gefahr von mehr als einer Seite bedroht werden. Rettung aus 
dieser doppelten, dringenden Gefahr kann nur aus der innigsten Vereinigung 
der Fürsten und Völker unter einer Leitung hervorgehen. Ich übernehme 
heute diese Leitung für die Tage der Gefahr. Mein Volk, das die Gefahr 
nicht scheut, wird mich nicht verlassen, und Deutschland wird sich mir in 
Vertrauen anschließen. Ich habe heute die alten deutschen Farben ange¬ 
nommen und mich und mein Volk unter das ehrwürdige Banner des 
Deutschen Reiches gestellt. Preußen geht fortan in Deutsch¬ 
land auf. 
d) Brief des Prinzen von Preußen an seine 
Schwester, die russische Kaiserin (Prinzessin Char¬ 
lotte), London1) 28. März 1848: über d i e Ereignisse 
des 19. März. 
. . . Endlich blieb man bei dem Entschluß stehen, daß die Proklamation 
des Königs von der Nacht2) in Ausführung kommen sollte, daß nämlich 
da, wo eine Barrikade von den Bürgern eingeebnet würde, man dies als 
einen Beweis des Friedensantrags betrachten werde und vis-ä-vis der¬ 
selben die Truppen zurückziehen würde. Mit dieser Antwort, die unter 
den vielen Deputationen völligen Anklang zu finden schien, entfernten sich 
die Mitglieder derselben, die Proklamation in vielen Exemplaren mit sich 
nehmend, nach allen Stadtteilen sie verbreiten wollend. Es herrschte Ruhe, 
kein Schuß fiel mehr um diese Zeit. Desto unruhiger war es im Schloß, 
unberufene Leute kamen und gingen, um Rat zu erteilen. ... Es mochte 
11 Uhr fein. Minister Graf Arnim 3) kam, dem der König schon am 
18. das Präsidium des Konseils angetragen, hatte. — Da kam eine Depu¬ 
tation unbekannter Leute (Bürgermeister Naunyn 4) war zugegen), um an¬ 
zuzeigen, daß jenseits der Königstraße drei Barrikaden vom Volke einge¬ 
ebnet würden. (Es ergab sich späterhin, daß diese Anzeige eine vollständige 
Lüge war.) Ich schlug vor, durch Offiziere die Sache konstatieren zu 
lassen; es entstand aber sofort eine Art Siegestaumel, daß die Befehle des 
Königs durch die Bürger sofort refpektirt würden, so daß man mich nicht 
hörte, obgleich ich noch sagte, daß wenn das Faktum sich bestätigte, natür¬ 
lich die Truppen von der Stelle, nach dem Wortlaut der Proklamation des 
Königs zurückgehen müßten. Mit einem Male kam der Minister v. Bodel- 
schwingh 5) ins Zimmer (Speisezimmer), wo die Deputationen vertreten und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.