Full text: Kulturbilder aus Deutschlands Vergangenheit

31. Entwicklung der deutschen Sprache. 247 
thahtun endi thagödun, liwat im tlierö thiodö drohtin 
sie sannen und schwiegen, was ihnen der Völker Herrscher 
weldi, waldand seif, wordun kudian, thesun 
wollte, der Waltende selber, mit Worten künden, diesen 
liudiun te liobe. 
Leuten zu Liebe. 
Die Sprache, in welcher das Fränkische die vorherrschende 
Mundart war, nennt man das Althochdeutsche. Ihre Zeit 
reicht etwa bis zum Jahre 1100. Eine Probe davon ist folgende 
Stelle aus dem Gedicht Muspilli (Weltuntergang), das Ludwig 
der Deutsche (843—876) eigenhändig niedergeschrieben haben soll: 
Der Antichristo stet pi demo Altfiante 
Der Antichrist steht bei dem Altfeinde 
stet pi demo Satanase, der iman farsenkaii scal: 
steht bei dem Satan, der ihn versenken soll: 
pidiu scal er in deru unicsteti uunt pivallan 
deshalb soll er auf der Kampfstätte wund hinfallen 
enti in demo sinde sigalos unerdan. 
und für dies Mal sieglos werden. 
Sar so daz Hliases pluot in Erda kitriufit 
Wenn dann des Elias Blut auf die Erde tränst u. s. w. 
Vom 12. Jahrhundert an beginnt mit der Blütezeit der 
hohenftaustschen Kaiser die schwäbische Mundart die vorherrschende 
zn werden. Das hierdurch entstehende Hochdeutsch, welches von 
1100 bis 1500 die Schriftsprache war, und in der namentlich 
der Minnegesang, sowie die großen Volks- und Kunstepen 
(Nibelungenlied, Gudrunsage, Parsival k.) geschrieben find, nennt 
man das Mittelh ochdeutsche. Wie das folgende Beispiel zeigt, Miu-lhoch- 
nähert sich dieses Hochdeutsch schon bedeutend dem unjngen. 
ifrets des deutschen Landes 
von Walter von der Vogelweide. 
Ich han lande vil gesehen, 
unde nam der besten gerne war: 
übel müeze mir geschehen, 
künde ich ie min herze bringen dar,
	        
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