12. Das deutsche Kaisertum.
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aus dem Hause der Sachsenherzöge halte es zwar verstanden,
die Herzogtümer des Reiches fest mit einander zu verbinden, und
er ist mit Recht ats der Begründer des deutschen Reiches an¬
zusehen; aber während er die großen Herzoge fast wie selbständige
Fürsten behandelt hatte, die ihre Unterwürfigkeit dem Kaiser
gegenüber nur durch die Heeresfolge im Fall eines Krieges be¬
kundeten, faßte sein Sohn und Nachfolger Otto I. sein Königamt
anders auf. Er betrachtete die Herzoge als seine Beamten und
Lehustrüger, die er, wenn sie gegen ihn oder gegen das Reich
sich vergingen, absetzen durfte. Nach langen, schweren Kämpfen
und nachdem er auch Italien teilweise wieder mit Deutschland
vereinigt hatte, stand das deutsche Reich in solchem Ansehen da,
daß der Papst Johann XII. ihm von neuem die Kaiserkrone
übertrug, die von mm an bei den deutschen Königen verblieb-
Die Krönung in Aachen und später in Frankfurt war anzusehen
als die Übertragung der alten deutschen Königswürde, während
die Krönung zum „römischen Kaiser deutscher Nation" bis zum
15. Jahrhundert meistens durch den Papst selbst in Rom oder
durch seinen Stellvertreter in Deutschland vollzogen wurde. Erst
allmählich verschmolz die Würde des Kaisers und des Königs;
Maximilian war schließlich der erste, der den kaiserlichen Titel
ohne Krönung durch den Papst oder durch dessen Stellvertreter
annahm.
Aus der Verbindung der deutschen Königswürde mit der¬
jenigen eines römischen Imperators war das Bestreben der Kaiser
hervorgegangen, das Band zwischen Italien und Deutschland
fester zu knüpfen, und viel vergeblich vergossenes Blut und um¬
sonst verschwendete Kraft hat Deutschland um dieses Glanzes
willen zu beklagen, um so mehr, da die Püpfte und die Geist¬
lichkeit jeden Kaiser bekämpften, der ihnen nicht zu willen war.
und zu dem Zweck sich nicht scheuten, Zwietracht nnd Uneinigkeit
unter den deutschen Stämmen zu schüren. Besonders die hohen-
staufischen Kaiser dachten weniger daran, sich in Deutschland
eine wirkliche Köuigsmacht zu gründen, als vielmehr in Italien
eine dauernde Herrschaft zu errichten. Sie wurden um so mehr
dazu gedrängt, als die Herzöge und Grasen, die früher nur