Full text: Vom Kurhut bis zur Kaiserkrone

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Bor dem Jndustriepalaste standen unzählige Gewehrpyramiden 
und durch das offene Thor gewahrte man ein unaufhörliches Kommen 
und Gehen von Soldaten, welche im Innern des Gebäudes ein¬ 
quartiert waren. 
Die Kavallerie biwakierte in der Königin-Allee. Es schien, 
als hätten alle diese Krieger ihren Landsmänninnen das Ver¬ 
sprechen gegeben, ihre Pferde in Paris mit Seinewaffer (sprich: 
Ssähn-Wasser) zu tränken, denn sie führten alle ihre Tiere unter- 
lautem Gelächter und derben Scherzen nach dem großen Tränkplatze. 
Die Omnibusdampfer hatten übrigens ihre Fahrten nicht ein¬ 
gestellt, sie fuhren aber ausschließlich am linken User entlang, wo¬ 
hin sie auch alle ihre Schiffe gebracht hatten. 
* ^ * 
Ans dem Konkordienplatze wurde bereits das Stroh für das 
nächtliche Biwak verteilt. 
Am Fuße der Statue von Straßburg spielte eine Regiments¬ 
musik allerlei Stücke, und die Soldaten tanzten vor dem bleichen 
Steingebilde. 
Der Tuilerieugarteu war gefüllt. Die Gitter nach der Ri- 
volistraße hatte man verschlossen und vor den Eingängen ans den: 
Karusselplatze waren ungeheure grüne Decken gespannt. 
Und die Säle des Louvre (sprich: Luhwr) mit ihren dort aus¬ 
gehäuften einzigen Wunderwerken! Wie sollte man nicht der Vorsicht, 
Mäßigung und Festigkeit der deutschen Ossiziere Gerechtigkeit 
widerfahren lassen, welche persönlich ihre Leute umherführten, um 
ihnen wenigstens das Äußere dieser historischen, großartigen Denk¬ 
mäler zu zeigen, sie aber davon abhielten, das Innere zu betreten. 
Und wie soll man nicht der Zucht dieser bewaffneten Massen 
Gerechtigkeit widerfahren lassen, welche sich wie Schafe ruhig 
führen ließen. 
Einige Offiziere betraten allein das Louvre. Das Publikum, 
welches sie an den großen Fenstern des Palastes erblickte, ver¬ 
höhnte sie. Die Offiziere besaßen Takt und entfernten sich von 
den Fenstern. 
Wenn man bedenkt, daß die Herren mit allem ausgerüstet 
wareu, um Feuer anzuzünden, aber nicht, um Brände zu löschen; 
wenn man bedenkt, daß ein einziger betrunkener Soldat genügt 
hätte, um für ewig das hundertjährige Werk des Genies zu ver¬ 
nichten ; wenn man bedenkt, daß drei Monate später Franzosen 
versucht haben anzuzünden und teilweise auch wirklich verbrannten, 
was die Deutschen verschont hatten, so müßte man entweder blind 
oder blödsinnig, ja beinahe ein Feigling oder ein gänzlich un¬ 
gerechtes Geschöpf sein, wenn man den Offizieren und Soldaten 
Kaiser Wilhelms ein wohlverdientes Lob vorenthalten wollte.
	        
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