Full text: Vom Kurhut bis zur Kaiserkrone

- 178 — 
des Kaisers wurde immer schwächer; ab und zu schienen von den 
Lippen des Kaisers unbestimmte Laute zu kommen. Die Gro߬ 
herzogin richtete noch kurze Fragen an den Kaiser, aber sein Ohr 
schien sie nicht mehr zu vernehmen. Die Stunde des Sterbens 
war nahe. Die Kaiserin saß während dieser Zeit auf ihrem 
Stuhle zu Füßen des Bettes und hielt die linke Hand des Kaisers 
in der ihren. Selbst eine Schwäche, die sie zeitweise übermannte, 
konnte sie nicht bewegen, die Hand des sterbenden Gemahls los¬ 
zulassen. Die Großherzogin mußte sie stützen, aber ihre Hand 
blieb in der seinen. Die Atemzüge des Kaisers wurden immer 
kürzer. Dr. Kögel begann zu beten; alle Anwesenden sanken um 
das Lager des sterbenden Kaisers ans die Kniee. Da, — noch 
ein tiefes Ausseuszen, — der Kaiser hatte geendet. Hand in Hand 
blieb die Kaiserin mit dem Gemahl vereint bis über den letzten 
Atemzug hinaus. Prinz Wilhelm stand am Fußende des Bettes 
angesichts des dahingeschiedenen Großvaters. Dann näherten sich 
alle Mitglieder der kaiserlichen Familie, um von dem Oberhaupte 
derselben den letzten Abschied zu nehmen und ihm nochmals die 
Hand zu küssen. Alle knieten vor dem Sterbebette nieder. Dar¬ 
auf winkte Prinz Wilhelm auch die übrigen Anwesenden heran, 
den Oberstkämmerer, den Oberhosmarschall, die General- und die 
Flügeladjutanten, die Ärzte, die Leibdienerschaft, den Garderobier 
und die Leibjäger, welche ihrem Herrn so lange treu gedient hatten 
und nun Abschied von ihm nahmen. 
Der Kaiser bleibt in der Lage, wie er gestorben, halb auf¬ 
recht sitzend in den Weißen Kissen mit weißer Nachtbekleidung, 
unter der ein dunkelrotes seidenes Tuch zum Vorschein kommt. 
Bis zur Brust ist der Leichnam mit einer weißseidenen Steppdecke 
verhüllt. Blumen sind über dieselbe gestreut. Die Großherzogin 
von Baden hat ihrem Vater diese Zeichen der Liebe mit in den 
Tod gegeben. Der Gesichtsausdruck des Dahingeschiedenen ist der 
eines Schlafenden. Mild und freundlich sind seine Züge, ohne 
einen Ausdruck des Schmerzes oder des Leidens. Die linke Hand 
ruht auf dem Rande des Bettes, die rechte ist auf die Decke 
herabgesunken. Eine lichte Klarheit umgiebt das Haupt des toten 
Kaisers. Es ist, als ob dasselbe nach der Stelle gerichtet wäre, 
wo eine weiße Marmorbüste der Königin Louise aufgestellt ist. 
2. Die letzten Gespräche des Kaisers. 
Dieselben wurden, wie schon erwähnt, ausgezeichnet. Nach¬ 
dem sich der Kaiser von der schweren Ohnmacht erholt hatte, 
unterhielt er sich meist mit dem Prinzen Wilhelm, anscheinend an 
Gespräche anknüpfend, die er mit diesem über die politische Lage
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.