Full text: Vom Kurhut bis zur Kaiserkrone

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Hoch ragt bei San Remo bie Palme am Meeresstrande, 
nnb auf bcn Ringmauern ber Bergveste blühen bes Südlaubs 
Kletterrosen, in den Gärten Citronen und Goldorangen. Der 
schönste Punkt bei San Remo aber ist bie Höhe bei ber Kapelle 
ber Mabonna bellet Costa. Wunderherrlich ist die Bergesschau 
Dort der Kapelle aus auf die Terrassen, Schluchten und Orange¬ 
gärten der Stadt, auf die Cypresseuhaiue und Blumeumatteu und 
hinaus auf den grünen Straud und den blaueu Golf. Vom 
östlichen Abhang der Lazarusschlucht grüßt aus grünem Hain 
die Villa Zirio, das Heini der kronprinzlichen Familie herüber. 
Der Kronprinz hatte sich bis zum November körperlich ganz 
wohl befunden und sich auch die Heiterkeit des Geistes bewahrt, 
die ihn in guten wie in bösen Tagen auszeichnete. Im November 
aber verschlimmerte sich der Zustand des hohen Kranken, so daß zu 
Dr. Mackenzie noch hervorragenbe beutsche uub österreichische Ärzte 
hinzugezogen würben. Der Kronprinz empfing bie Ärzte mit 
einer Entschulbigung beshalb, baß er sich trotz ihrer Anzahl 
so wohl fühle uub bat Dr. Schrötter aus Wien, ber im 
schwarzen Frack nnb weißer Halsbinbe kam, boch solche unnötigen 
Formalitäten zu lassen uub wie bie audereu Herren im einfachen 
Gesellschaftsanzug zu erscheinen. Als er von den Ärzten ihre 
Ansicht vernahm, benahm er sich wie ein Held, er zuckte nicht 
mit einer Wimper. Dann zog er sich zurück und ging mit 
sich zu Rate, welche Entscheidung in dieser schweren Stunde die 
beste sei für sich und seine Familie, für sein Land und sein Volk. 
Nach einer Stunde trat er wieder heraus und entfchieb, bie 
große, schwere Operation, bie Herausnahme des Kehlkopfes solle 
nicht stattfinden. Dem Luftröhrenschnitt wolle er sich unter¬ 
werfen. Große Trauer herrschte ob dieser schlimmen Nachricht 
im deutschen Lande, um so freudiger aber schlugen alle Herzen, 
als im Dezember die Kunde kam, daß der Kronprinz doch noch 
gesund werde. 
Monatelang lauteten die Berichte über den Zustand bes 
teuren Kranken von Tag zu Tag günstiger, nnb bie Hoffnung auf 
völlige Wiebergenefung bes Lieblings unseres Volkes warb zur 
sreubigen Zuversicht. Da kam im Februar wieber trübe Kunbe 
aus San Remo über Zwischenfälle ßeängstigenber Natur. Durch 
eine Anschwellung im Kehlkopfe bes hohen Kranken litt ber Kron¬ 
prinz große Atemnot. Im Augenblicke ber brohenben Erstickungs¬ 
gefahr führte beshalb Dr. Bramauu, ber erste Assistenzarzt Professor 
Bergmanns, ein im Luftröhrenschnitt äußerst geübter Operateur, 
biese Operation mit gutem Erfolge aus. Mit einem eigens hier¬ 
für gefertigten silbernen Instrumente vollzog Dr. Bramann bie 
Operation im Beisein ber Doktoren Mackenzie, Hovell, Krause 
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