Full text: Vom Kurhut bis zur Kaiserkrone

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Viktoria dazu, und sie brach, als sie die Kuude hörte, gleichfalls 
in lautes Schluchzen aus. 
Als echter Hoheuzoller, der treue Pflichterfüllung hoch über 
jede persönliche Rücksichtnahme erachtete, faßte Kaiser Friedrich 
bei der Trauerbotschaft tion dem Hinscheiden des geliebten Vaters 
gleich den Entschluß, nach Berlin zurückzukehren. Zu seiner Um- 
gebnng, welche ihn wegen seiner Krankheit d.avon abhalten wollte, 
soll er gesagt haben: „Und wenn ich auf der Reife sterben sollte, 
ich muß nach Berlin!" 
Frühmorgens am 10. März reiste Kaiser Friedrich schon von 
San Remo ab. König Hnmbert von Italien, der langjährige 
Freund Kaiser Friedrichs, snhr ihm bis San Pier d'Arena ent¬ 
gegen, um ihm fein inniges Beileid zu bezeigen. Nach italienischen 
Blättern schrieb Kaiser Friedrich bei der Begegnung dem König 
Hnmbert die rührenden Worte auf: „Als Du den Vater verlorst, 
kam ich zu Dir, um sein Andenken zu ehren und Deiner Thron¬ 
besteigung beizuwohnen, und ich nahm teil an Deinem und 
Deines Volkes Leid, Heute, wo ich im Unglück niedergebeugt 
bin, kommst Du zu mir. Ich danke Dir. Ich sehe darin einen 
Beweis der Freundschaft, die, wenn Gott mir beisteht und mir 
Genesung giebt, zwischen uns beiden, unseren Dynastien und 
unseren Völkern, sich immermehr befestigen wird!" 
Von Genua ging es weiter nach Norden über die Tiroler 
Alpen der deutschen Heimat zu. Fürst Bismarck war mit den 
übrigen Ministern dem Kaiser bis Leipzig entgegengefahren. Der 
Kaiser umarmte den langjährigen Freund und Ratgeber feines 
Vaters und führte ihn, nachdem er auch die übrigen Minister 
begrüßt, an der Hand nach der Mitte des Wagens. Hier kam 
die Kaiserin dem Fürsten entgegen, welcher der hohen Frau die 
Hand küßte. Während die Kaiserin nun die übrigen Minister 
begrüßte, sprach der Kaiser mit dem Reichskanzler. Als der 
Kaiser aber dann, weil er nicht weiter sprechen konnte, eine Frage 
auf eine kleine Tafel schrieb, stürzten Thränen aus deu Augen 
des Kanzlers, und schmerzlich bewegt küßte er des Kaisers Haud. 
Es war ein ergreifender Moment, den eisernen Kanzler um seinen 
in der Vollkrast der Jahre von einer so tückischen Krankheit be¬ 
fallenen kaiserlichen Herrn weinen zu sehen. 
In der Nacht vom 10. zum 11. März kam Kaiser Friedrich 
mit der Kaiserin Viktoria und den Kaifertöchtern in Berlin an. 
Es herrschte gerade furchtbares- Schneewehen. Eisig kalt war 
die Lust dieser trüben Märznacht. Von dein Bahnsteig an bis zum 
Geleise und zum Wartesaal war ein Zeltpavillon errichtet, um 
von dem aus dem warmen Süden kommenden kranken Kaiser die 
rauhe Winterlmt abzuhalten. Punkt 11 Uhr 9 Minuten lief der
	        
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